24. Mai 2011

Rossinis "Petite Messe solennelle" in Köln

Fotos: privat
Durch einen Hinweis in diesem Blog erfuhren wir von einer Aufführung von Rossinis "Petite Messe solennelle" in der Basilika St. Aposteln in Köln. Die Messe wurde in der Urfassung für Klavier und Harmonium dargeboten. Alle verfügbaren Kirchenbänke waren mit erwartungsvollen Besuchern besetzt, "ausverkauft" würde man im Konzertsaal sagen. Hier wurde jedoch kein Eintritt verlangt. Dass das zu dieser Fassung eigentlich gehörende zweite Klavier fehlte, war zu verschmerzen, weil das Klangvolumen in dem gewaltigen Kirchenraum einer besonderen Verstärkung nicht unbedingt
bedurfte. 

Wie wir hörten, ging die sehr beeindruckende Aufführung wohl auf eine Initiative des Gürzenich-Chores zurück, der damit die Reihe bekannter Konzertveranstaltungen in der bedeutendsten romanischen Basilika Kölns fortsetzte. Unter ihrem Leiter Christian Jeub fanden Solisten und Chor zu einer fein abgestimmten Ensemble-Leistung zusammen. Der Dirigent legte besonderen Wert auf die Hervorhebung der rhythmischen Feinheiten des Werkes.


Anna Agathonos, Mezzosopran, bot die beeindruckendste Solistenleistung des Abends. Das "Agnus Dei" gestaltete sie eindringlich und anrührend. Die Sopranistin Nadine Trefzer, der Tenor Seong-Jun Cheon und der Bass Charles Moulton standen ihr aber kaum nach.

In solchen Kirchenräumen ist aufgrund des extrem langen Nachhalls eine differenzierte Beurteilung instrumentaler Details oft schwierig. Annette Reifig am Harmonium und Wolfgang Hoyer am Klavier boten aber die solide Grundlage dieser Aufführung.


Dieter Kalinka (Einmalige Aufführung am 22.05.2011)

18. Mai 2011

Wir nehmen Abschied

Eine traurige Nachricht für alle Freunde von Astrid Fricke

Astrid, meine geliebte Ehefrau und Mitautorin in diesem Belcantoblog ist am 1. Mai 2011 nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben.


Sie war bis zuletzt auch im Internet sehr präsent, nicht nur hier im Belcantoblog, sondern auch in einem Posterousblog (jetzt bei Wordpress) unter dem Pseudonym Sita und bei Twitter unter dem Namen Picro.

Sie war eine erfolgreiche Juristin, Rechtsanwältin und Professorin für Familien- und Jugendrecht, doch für uns hatte sie eine Künstlerseele.

Sie hat es in hervorragender Weise verstanden, ihre Gedanken und Gefühle mit anderen zu teilen. Ihr wunderschönes Geigenspiel, ihre Begeisterungsfähigkeit und ihr Humor, ihre Kreativität und ihr einzigartiges Schreibtalent, ihre Beobachtungsgabe und ihr großes Herz werden uns allen unendlich fehlen.

Wer diese Seiten von ihr entdecken möchte, ist eingeladen, ihre Texte noch einmal zu lesen: Hier im Belcantoblog ihre Opernrezensionen und im  Wordpressblog weitere Texte, wie Krimirezensionen oder vielfältige Alltagsbeobachtungen.

Nach Gründung dieses Opernblog im Herbst 2007 hat meine Frau 30 Berichte zu Opern und zahlreiche Kommentare verfasst, angefangen vom Bericht über die "La scala di seta" in Potsdam bis hin zur "La Lodoiska" in Ingolstadt". Sie hat zusammen mit vielen anderen Autoren dazu beigetragen, dass neue Formen der Internetkommunikation auch für die Oper ausprobiert werden konnten. Wegen des leichten Einsatzes von Bild, Ton und Film und der Möglichkeit der schnellen, unmittelbaren und barrierefreien Rückmeldung sind Blogs aus dem Kanon der Kommunikationsmöglichkeiten nicht mehr wegzudenken.

Astrid Fricke war keine Opernexpertin, aber sie konnte das, was sie gesehen und gehört hatte, sehr anschaulich und überzeugend zu Papier bringen, manchmal auch gegen Expertenmeinungen. Denn sie vertrat das Motto "I believe that it is better to have own imperfect ideas than to copy others" (aus ihrer Profilbeschreibung zum Posterousblog).

Ihr Beitrag "Rossini in Wildbad 2010 ein Rückblick" hat immer noch die höchsten Zugriffszahlen und wurde sogar in eine Rossini-Ausstellung in Bad Wildbad übernommen. Dieser Beitrag ist eigentlich keine Opernrezension, sondern ein Stimmungsbericht zum Festival im Schwarzwald und zeigt, dass das Opernpublikum auch dafür empfänglich ist.

Die Rezension zu "Moise et Pharaon - Rossini in Nürnberg" hat wegen des Regiekonzeptes erfreulich viele Kommentare und Gegenbeiträge ausgelöst. Auch diese neue Diskussionsform im Internet musste von allen Betroffenen ausprobiert werden; Ärger kam schon mal auf. Astrid Fricke hielt sich zurück und schrieb dann in ihrem Posterousblog humorvolle Glossen über Vereinsmeierei (Der deutsche Verein - ein Minenfeld) oder über den Kulturredakteur Fürchtegott Jonathan (Kulturredakteur, zweitklassig?).

Thematisch hat sie nicht nur die wichtigen Rossini-Opern der Festivals Bad Wildbad 2008 und Pesaro 2008 rezensiert, sondern auch selten gespielte Opern, wie "Il templario" und die Braunschweiger Aufführungen der Opern von Spohr, Gomes und Mayr. Auch das Orlando-Thema hat sie nicht nur literarisch sehr interessiert, was dazu führte, dass wir die entsprechenden Opern von Haydn, Vivaldi und Händel in Braunschweig, Frankfurt und Halle besuchten. Auch folgten wir den Opern des wieder entdeckten Simon Mayr, nachdem wir seine Fedra in Braunschweig hören konnten. Die "La Lodoiska" von Simon Mayr in Ingolstadt, die uns sehr beeindruckt hat, war unser letztes gemeinsames Opernerlebnis.

Reiner Fricke


25. Schlossfestspiele Schwerin: Verdi „Die Macht des Schicksals“ (17.07.2010)
24. Giovanni Simone Mayrs „Medea in Corinto“ in München (04.07.2010)
23. Damen, Ritter, Waffen und Liebe. Ariosts Orlando furioso auf der Opernbühne (15.06.2010)
22. G. F.  Händels Oper „Orlando“ in Halle (08.06.2010)
21. Auber: „La Muette de Portici – die Stumme von Portici“ (19.05.2010)
20. Rossinis Armida aus der Met im Kino (15.05.2010)
19. Christoph Willibald Gluck: „Alkestis“ (Alceste) in Leipzig (19.04.2010)
18. „Salvator Rosa“ – Deutsche Erstaufführung in Braunschweig (18.03.2010)
17. Rossini und Metternich (Bericht zu einem Beitrag, 17.02.20109
16. „Moïse et Pharaon“ -  Rossini in Nürnberg (15.03.2010)
15. Vivaldis „Orlando furioso“ in Frankfurt  (07.03.2010)
14. Orlando paladino - Ernst-komische Oper von Joseph Haydn (01.06.2009)
13. Spohrs Oper „Der Alchymist“ in Braunschweig (30.05.2009)
12. Pesaro – Opernfreude in bella Italia  (27.08.2008)
11. Rossinis "Ermione" in Pesaro 2008 (27.08.2008)
10. Rossinis "Maometto II" in Pesaro 2008 (27.08.2008)
09. Rossinis “L'equivoco stravagante” in Pesaro 2008 (26.08.2008)
08. GIOACHINO ROSSINIS "OTELLO" in Wildbad (24.07.2008)
07. Rossinis "L´Italiana in Algeri" in Bad Wildbad, 2008 (24.07.2008)l
06. Rossinis "Edipo a Colono" in Bad Wildbad, 2008 (24.07.2008)
05. PACINI bei "ROSSINI IN WILDBAD 2008" (23.07.2008)
04. Vincenzo Bellini: "I Capuleti e I Montecchi" in Rheinsberg (5.07.2008)
03. Il Templario" Otto Nicolai in Chemnitz (26.06.2008)
02. Fedra bei den Staatstheater-Freunden (13.03.2008)
01. Potsdam "La scala di seta" (18.11.2007)

17. Mai 2011

Ein Kölner in Hamburg...erlebt eine herzerfrischende Cenerentola

Bildschirmfoto vom Videofilm auf Theater-tv.net
Zum Anschauen des Videos bitte hier klicken oder dort 

Nach der Lektüre der Kritik über Rossinis  "La Cenerentola" des Hamburger Abendblattes hatte ich zunächst gar keine Lust mehr, nach Hamburg zu fahren. Aber dann habe ich mich doch dazu entschlossen und es nicht bereut!

Mein Fazit: Die Cenerentola war sehr, sehr schön!  Kritiken werden ja oft über die Premiere verfasst. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es besser ist, die zweite oder dritte Vorstellung zu besuchen. Dann sind die Künstler viel entspannter als bei der Erstaufführung.

Das unter der Leitung von Antonello Allemandi spielende Orchester der Hamburgischen Staatsoper war hervorragend. Ein Einspringer hat es immer schwer. Allemandi war für den erkrankten  Andrés Orozco-Estrada eingesprungen und bewältigte diese Aufgabe mit Bravour.  Am 17.6.2001 habe ich Allemandi schon einmal in der Oper Marseille als Dirigenten von "Tancredi" erlebt und war von ihm begeistert. Allemandi ist inzwischen einer der führenden Dirigenten des italienischen Faches.

Die spanische Mezzosopranistin Maite Beaumont als Angelina war ein Traum. Der als Rossini-Tenor renommierte Russe Maxim Mironov als Don Ramiro stand ihr in keiner Weise nach. Seine Stimme ist enorm gewachsen, vor allem in der Mittellage und Tiefe. Die Höhe war ja schon immer sehr gut. Ich habe schon vor sechs Jahren, als ich ihn zum ersten Mal hörte, gedacht, wenn Flórez nicht wäre, wäre Mironov die Nummer 1.

Auch die anderen Künstler, Viktor Rud als Dandini und Enzo Capuano als Don Magnifico, waren gut. Die beiden "fiesen" Schwestern, Gabriele Rossmanith und Renate Spingler, beide aus dem Haus der Hamburger Staatsoper, waren einfach köstlich und hinreißend giftig. Eine von ihnen erzählte mir, dass die Ensemblemitglieder sechs Wochen lang geprobt hatten. Da die Kostüme teilweise aus Plastikmaterial gefertigt waren, wurde dabei heftig geschwitzt und die Proben gestalteten sich sehr anstrengend. 

Die Kostüm- und Bühnenbildgestaltung (André Barbe) war mal ganz was Neues, bunt, lebhaft, lustig, ein überwältigender Einfallsreichtum, eine Meisterleistung. Ich habe noch nie so viel gelacht. Dieses Gewimmel, diese Spielfreude, Vergnügen pur! Regisseur des Ganzen war Renaud Doucet, früher Choreograf und Tänzer. Köstlich, wie Don Magnifico in einem riesigen, überdimensionalen Sparschweintresor wohnt, der auf der ersten Etage steht und von dem er mit einem offenen Aufzug nach oben oder unten fahren kann. Und: Es gibt nicht den üblichen Kamin, dessen Feuer Cenerentola zu hüten hat. Vielmehr ist sie eine graue, unterdrückte Büromaus am Schreibtisch, die dann am Ende durch Reinheit und Güte ihren Ramiro erobert. 

Hubert Sieben, Köln

Besuchte Aufführung 15.05.2011

Weitere Vorstellungen in dieser Saison: 20.05.2011, 22.05.2011, 29.05.2011, 02.06.2011, 09.06.2011 und 11.06.2011.
Nach der laufenden Saison sind weitere Aufführungen für den 20.09.2011, 23.09.2011 und 28.09.2011 vorgesehen, 
aber dann singt Kate Aldrich die Angelina.
In den dann folgenden Aufführungen am 09.12.2011, 16.12.2011, 25.12.2011 und 31.12.2011 singt anstelle von Mironov 
Alek Shrader den Don Ramiro und die Angelina wird von Maria Markina gesungen.

11. Mai 2011

Rossinis 'Petite Messe solennelle' in Köln am 22. Mai 2011

Quelle: Gürzenich-Chor Köln
Ein aktueller Hinweis, den ich gern weitergebe:

Am 22. Mai 2011 um 19.30 Uhr wird in Köln, in der Basilika St. Aposteln die "Petite Messe solennelle" von Gioachino Rossini in ihrer ursprünglichen Fassung für Klavier und Harmonium aufgeführt.

Es singt der Gürzenich-Chor unter der Leitung seines neuen Chorleiters, Christian Jeub, am Klavier sitzt Wolfgang Hoyer, am Harmonium Annette Reifig. Die Solisten sind Nadine Trefzer, Sopran, Anna Agathonos, Alt, Seong-Jun Cheon, Tenor und Charles Moulton, Bass. Der Eintritt ist frei.

Weitere Hinweise auf der Internetseite des 

8. Mai 2011

'La Cenerentola', fränkisch

Hallo Amici,
am 30. April 2011 besuchten wir eine Aufführung von La Cenerentola im Mainfranken Theater Würzburg, die dort im März Premiere hatte. Es handelt sich dabei um die Kritische Ausgabe von Alberto Zedda. Ein Besuch, der sich mehr als lohnte. Es handelte sich ingesamt um eine sehens-, noch mehr hörenswerte Produktion , nicht ganz frei von üblichen Mätzchen der Dramaturgie (Inszenierung Hermann Schneider), dafür aber mit musikalischen Genüssen (einfühlsames Dirigat von Dirigent Enrico Calesso, er brachte das Philharmonische Orchester Würzburg nach einer Aufwärmungsphase bei der Ouvertüre schnell in Schwung) und sauberen Gesangsleistungen, vor allen in den Ensembleszenen. Im Detail magnifico das Duett Dandini/Magnifico "Un segreto d'importanza". Angenehm überraschten uns die beiden erstmals gehörten Arien des Alidoro "Vasto teatro è il mondo" und die der Clorinda "Sventurata! mi credea", die Luca Agolini für die Urauffühung 1817 in Rom komponiert hat. Diese Clorinda-Arie wird heutzutage so gut wie nicht mehr gespielt und bei der Alidoro-Arie greift man gemeinhin auf die Arie "La del ciel nell'arcano profondo" zurück, die Rossini für eine Inszenierung von La Cenerentola am römischen Tetro Apollo 1821 nachkomponiert hat.  Zusammengefasst ein Rossini, der sichtlich das scheinbar nicht gerade belcantogewohnte fränkische Publikum zusehends begeisterte. Auf die Haben-Seite darf auch das gelungene Programmheft gestellt werden. Übrigens gilt unser Kompliment nicht nur dem Dramma giocoso und dem Triumph der Tugend, sondern auch dem herrlichen und sehenswerten Exfürstlichen Würzburg insgesamt. Einfach magnifico!
Saluti
Edith und Alfred Heierling

Weitere Aufführungen: 26.05./ 17.06./ 25.06./ 02.07./ 07.07./ 13.07./ 15.07./ 20.07.2011
Fotostrecke und weitere Infos unter Mainfranken Theater Würzburg


Vorabdruck aus «Mitteilungsblatt» der Deutschen Rossini Gesellschaft, Nr. 53 (Juni 2011)