18. März 2010

"Salvator Rosa" Deutsche Erstaufführung in Braunschweig


Bildschirmfoto und Video: www.theater-tv.com 

Salvator Rosa  - eine nahezu unbekannte Oper von Antônio Carlos Gomes
Mit Antônio Carlos Gomes (1836 - 1896) setzte sich zur Zeit Verdis ein brasilianischer Opernkomponist auch international durch. "Salvator Rosa" war neben "Il Guarany", uraufgeführt an der Mailänder Scala, als einzige seiner Opern erfolgreich. 1874 erlebte diese "Revolutionsoper" ihre Uraufführung am Genueser Teatro Carlo Felice. Erst spät wurde diese Oper auch in Deutschland entdeckt, und sie feierte eine viel beachtete und auch im Rundfunk übertragene Erstaufführung am Staatstheater Braunschweig (Premiere am 20. Januar 2010).
Inhaltlich geht es in der Oper einmal um den Aufstand der neapolitanischen Fischer unter der Leitung ihres Anführers Masaniello im Jahre 1647. Dieser war Rädelsführer einer Revolte gegen die spanische Herrschaft Neapels. An die Macht gekommen wurde Masaniello wahnsinnig. Er übte eine Schreckensherrschaft aus und fiel schließlich einem Mordkomplott zum Opfer. In der Oper ist er mit dem Maler Salvator Rosa (1615-1673) befreundet. Rosa pendelt zwischen den Revolutionären und dem spanischen Machthaber, dem Duca d`Arcos, hin und her, da er die Tochter des Duca, Isabella liebt. Isabella opfert sich später und erdolcht sich, um den Geliebten vor der Verurteilung zum Tode zu retten. In der Oper werden somit beider Schicksale, die des Malers und die des Aufständischen aus dem Volke, verknüpft, ohne dass dies historisch belegt wäre. 


Das Orchester spielte unter der Leitung Georg Menskes schwungvoll und konzentriert. Der Musik wohnt eine gewisse Herbheit inne, es gibt einen "veristischen Zug" (Menskes im Programmheft), und "Lokalkolorit" durch Tarantella, Kanonenschüsse und den stilgerechten  Einsatz einer Orgel in der Klosterszene. Man könnte die Musik als "typischen Verdi", als "echte italienische Musik des 19. Jahrhunderts" beschreiben (Menskes). Besonders im zweiten Akt gewinnt die Oper deutlich an Fahrt, es wird immer mitreißender und dramatischer. Gomes setzt gekonnt Effekte ein zum Beispiel durch ein herrliches Duett zwischen dem Bariton Malte Roesner als Masaniello und dem Tenor Ray M. Wade Jr. als Salvator Rosa. Auch der Chor, der mal die Hofgesellschaft des Herzogs, mal das aufrührerische Volk von Neapel darstellt, trumpft machtvoll auf. 
Roesner, 1979 in New York geboren und seit 2006 in Braunschweig Ensemblemitglied, lieferte ein glänzendes Rollenportrait als Masaniello und gefiel mir wiederum mit seiner schönen beweglichen Stimme, die auch fahle raue Töne der Zerrissenheit und Verzweiflung zu produzieren weiß. Die Stimme als "kernig" zu bezeichnen und ihn zu behaupten, Roesner "sei dramatisch doch noch über seine Grenzen gegangen" (Andreas Berger am 22.1.2010 in der Braunschweiger Zeitung) empfinde ich als überzogen. 
Wades samtiger makelloser Tenor als Rosa ist berückend, nicht oft ist ein so großartiger und beseelt singender lyrischer Tenor zu hören. Die Rolle der Isabella wurde von der jungen slowakischen Sopranistin Maria Porubcinova ebenfalls glänzend verkörpert. Hier stimmte einfach alles: Die herrliche kraftvolle Stimme, der dramatische Ausdruck, aber auch Zartheit und Trauer in Passagen der Liebessehnsucht oder Entsagung. Auch bei der zweiten von mir am 28.2.2010 besuchten Aufführung konnte ich mich von der Ausstrahlung und eindrucksvollen Gestaltungssicherheit der Sängerin überzeugen. 


Der 1975 in Korea geborene Dae Bum Lee verlieh dem hinterhältigen tyrannischen Herzog mit strahlendem Bass die Macht, diejenigen zu töten oder zu entmachten, die ihm im Wege standen oder ihn stürzen wollten. Außerdem ist die 1981 geborene Simone Lichtenstein als "neapolitanischer Junge" und Gehilfe des Malers Gennariello zu erwähnen. Gennariello versucht alles, um seinen Meister aus Todesgefahr zu erretten. Die Sängerin ist in Braunschweig neben Malte Roesner und Dae-Bum Lee Ensemblemitglied und trotz ihrer Jugend eine technisch versierte Koloratursopranistin. Auch darstellerisch wusste sie in dieser anspruchsvollen Rolle zu überzeugen. Auch die weiteren Rollen sind mit Ensemblemitgliedern vorzüglich besetzt: Tobias Haaks als Fernandez, Kenneth Bannon als Il Conte di Badajoz.
Das Geschehen spielte sich auf einer sperrig und sparsam mit Malutensilien, Gerüsten und Leitern ausgestatteten Drehbühne ab, auf der sich die Haupt-Akteure und der Chor bewegten. Eine "Hauptrolle" spielten Abbildungen verschiedener Gemälde des 19. Jahrhunderts, welche revolutionäre Szenen darstellen wie "der Tod des Marat" von David oder "Die Freiheit führt das Volk" von Delacroix. Ein auf den Duca gemünztes Bild des spanischen Diktators Franko und die Rockerkluft des Masaniello führen dagegen ins 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart (Inszenierung Uwe Schwarz). 
Anzumerken ist, dass auch auswärtige Besucher von dieser besonderen Produktion des Staatstheaters Braunschweig sehr beeindruckt waren. Wer eine mitreißende und sehr gelungene Oper eines brasilianischen Komponisten im Stile Verdis erleben will, sollte Braunschweig einen Besuch abstatten.

Weitere Aufführungen am 4. April 18:00 Uhr und 9. April 19:30 Uhr

Astrid Fricke

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