15. Juni 2010

"Damen, Ritter, Waffen und Liebe. Ariosts Orlando furioso auf der Opernbühne"

Dieses war der Titel des Festvortrages, den Prof. Dr. Albert Gier, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, am 5. Juni 2010 anlässlich der Händel-Festspiele in Halle im gut besuchten Saal des Stadthauses am Markt hielt.

Halle (Saale): Stadthaus am Markt
Er wandte sich zunächst dem aus 46 nur lose miteinander verbundenen Gesängen bestehenden Versepos des italienischen Renaissance-Dichters Ludovico Ariost zu, das dieser zwischen 1505 und 1521 auch in der Absicht verfasste, seinem Gönner und Förderer, dem mächtigen Kardinal Ippolito d`Este, zu huldigen. In diesem Werk geht es, wie schon der Vortragstitel verrät, um das Rittertum, um den Kampf der Kreuzritter mit den Sarazenen und um Liebes-Verwicklungen. Wie auch im höfischen Roman der Zeit üblich, wird Ariosts märchenhafte Welt außer von Rittern auch von Feen, Magiern und Monstren bevölkert. (Einen schönen Einstieg in Ariosts "Orlando furioso" bietet übrigens das gleichnamige Hörspiel des WDR Köln, erschienen bei Random House Audio, 2004). 

Vortragsraum im Stadthaus am Markt

Gier zeigte auf, dass Ariost zeitlose Themen wie Liebe, Treue, Beharrlichkeit, Flatterhaftigkeit, Eifersucht, Kampfes- und Abenteuerlust in einer zwar unterhaltsamen, gleichzeitig jedoch vorurteilsfreien und relativ wertneutralen Weise dargestellt hat. Seine aufregenden und bildhaften Schilderungen machten ihn rasch berühmt. Zahlreiche Handlungsstränge seines Epos stießen dann später, insbesondere im Barock, auf großes Interesse auch der Librettisten und Komponisten. So gibt es zahllose Bearbeitungen, die aus dem riesigen Fundus an Personen des Ariost schöpften. Unter anderem wurden die Beziehungen zwischen den Geschlechtern von dem Renaissancedichter spannungsvoll abgehandelt. 

Allerdings wurde die quasi wissenschaftliche, vorurteilsfreie und neugierige Herangehensweise Ariosts an den Stoff später verändert: Dem Publikum wird im 17. und besonders im 18. Jahrhundert unmissverständlich klar gemacht, dass Vernunft und Moral siegen müssen, die Verirrung wird rechtzeitig beendet. Es ist ein großes Verdienst Giers, eine Vielzahl dieser Libretti aufgespürt, erkundet und auszugsweise seinem Publikum nahegebracht zu haben. Zu den Komplexen, die bereits bei Ariost vorkommen und von den späteren Komponisten und Librettisten erfolgreich aufgegriffen wurden, gehört unter anderem die Geschichte des vor Eifersucht "rasenden" Ritters Orlando, der aus unerfüllter Liebessehnsucht zeitweise sogar seinen Verstand verliert und schrecklich wütend, ausgestattet mit übermenschlicher Kraft, durch die Lande zieht. Hier bot sich dann die Gelegenheit, eindrucksvolle "Wut-Arien" zu verfassen - auch für Händel.

Astrid Fricke

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