Wir haben gerade in Chemnitz die letzte Vorstellung des "Il Templario" am 15. Juni genossen und waren sehr begeistert. Die Inszenierung war viel besser als nach den Kritiken zu erwarten. Besonders das erste Bild mit seinen schönen leuchtenden Farben: dunkelviolett, gelb, gefiel mir gut.
Einige Schwachpunkte der Inszenierung wie das sentimentale "REBECCA I LOVE YOU" auf "Wolken" in Graffitimanier störten den positiven Gesamteindruck.
Dem Damenchor in mittelalterlichen rosé-schattierten Wallegewändern und mit spitzen Hüten wie Märchenfeen wurde noch ein wenig Aktion und Bewegung gestattet, die Herren standen meistens nur herum und die Solisten sangen an der Rampe.
Aber wie sie sangen einschließlich des musikalisch viel beschäftigen Chores! Das war "Italianità" pur, und dies vom Altmeister Otto Nicolai, der die Oper in Rom in größter Hitze komponierte und wenig daran verdiente - weil die Noten bereits an den Verlag verkauft waren und er lediglich an der Inszenierung beteiligt war.
Vilfredo d`Ivanhoe wurde von dem farbigen, aus St. Louis stammenden Tenor Stanley Jackson verkörpert, der mir schon bei der Live-Übertragung im März positiv aufgefallen war: eine ganz weiche, koloratursichere Stimme! Herrlich! Seine große Liebe Rovena wurde von dem kultiviert-eleganten jungen Sopran der Judith Kuhn gesungen, kein Wunder, dass sie auch im Konzertbereich gefragt ist. Sie gehört zum Chemnitzer Solistenensemble. Eindrucksvoll die samtene glutvolle Rebecca der finnischen Tiina Penttinen, außer ihr ebenfalls aus Finnland Kouta Räsänen als Cedrico il Sassone.
Besonders gut gefiel mir der grandiose Hans Christoph Begemann als Briano, einer der besten Baritone, die ich je gehört habe. Er sang mit wundervoller Leichtigkeit, ein wenig wie der von mir ebenfalls sehr verehrte Ildebrando DÁrcangelo. Seine Partie als unglücklich Liebender, welcher fast in eine Liebesraserei verfällt, ist auch sehr dankbar. Zum Glück hat der Gute, ein sehr großer Mann, der jeden Chorknaben nicht nur stimmlich überragte, nicht überzogen, er strahlte stets Noblesse aus.
Die Oper war erstklassig aufgebaut und enthielt alles, was das Herz des Opernfreundes entzückt, also Arien, Duette, Terzette etc. mit und ohne Orchesterbegleitung. Die Mannen unten im Graben (tatsächlich kaum Frauen dabei, eine von ihnen an der Harfe...) spielten hingegeben und aufmerksam, die Ouvertüre wurde nicht mit Aktion auf der Bühne zugekleistert. Fein!
In der Pause trafen wir Rossini-Freunde aus Leipzig, sie hatten es ja nicht so weit wie wir und erlebten die Oper bereits zum dritten Mal, was ich bei der Qualität der Besetzung und der Schönheit der Musik nicht verwunderlich finde.
Das Opernhaus ist ein Schmuckstück. Zentral gelegen, historisierender Stil des Gebäudes, 1992 restauriert: Es gab auf der geschwungenen Treppe weißen, von feinen schwarzen Äderchen durchzogenen Marmor, das Geländer war goldfarbig, sehr zarte Stäbe, das Ganze wirkte elegant und romantisch. (Autorin: Astrid Fricke)
Informationen zum "Il Templario" auf der Webseite des Theaters Chemnitz mit einem sehr interessanten Beitrag "Anmerkungen zu einer Wiederentdeckung" von Dr. Michael Wittmann
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