Videoclips zu aktuellen Theateraufführungen sind immer häufiger auf den Internetseiten der Häuser zu finden; ein positiver Trend, der mit der Eröffnung des ersten multimedialen Theaterinformationssystems [inƒos] am Staatstheater Braunschweig schon im Jahre 1995 eingeleitet wurde.
Da die Videofilme auf den Internetseiten der Theater nicht immer leicht zu finden sind, und ein Informationsdienst über neue Videos bislang fehlt, ist die Übersichtsseite von THEATER-TV recht hilfreich. Hier ein Vorschaubild einer Seite, in der die Produktionen der Hamburgischen Staatsoper präsentiert werden, u. a. auch die aktuelle Inszenierung des "Don Giovanni"
Die einzelnen Videoclips der Theater in Hamburg, Hannover, Dresden, Köln, Cottbus, Essen, Erfurt, Braunschweig, Chemnitz, Bielefeld und neuerdings auch Antwerpen/Gent (Vlaamse Opera) werden im oberen rechten Fenster gezeigt, können jedoch auch in recht guter Qualität als Vollbild-Video abgespielt werden. Nach dem Start des Videos wird ein "Share"-Button eingeblendet, der den Speicherort des Videos auf der Video-Plattform "Vimeo" anzeigt. Somit kann man die direkte Internetadresse des Videos auch Interessierten weiterleiten.
Während auf THEATER-TV Videos zu aktuellen Aufführungen zu sehen sind, neuerdings auch von der Vlaamse Opera in Antwerpen/Gent, zeigt der Videoserver "Vimeo" auch interessante, archivierte Filme.
Die Benutzerfreundlichkeit beider Seiten könnte zwar noch erhöht werden, aber insgesamt erleichtern sie die Suche nach aktuellen und archivierten Theatervideos.
Der italienische TV-Sender RAI Tre sendet schon seit Längerem wöchentlich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in seiner Sendereihe „Prima della Prima“ ausführliche Berichte über aktuelle Operninszenierungen italienischer Opernhäuser. Jetzt – seit Beginn der Saison 2010/2011 – kann man sich die rund halbstündigen Sendungen nach ihrer Ausstrahlung auch im Internet anschauen. Bisher sind dort drei Sendungen aus November 2010 als Videos verfügbar. Als nächstes folgen „Roberto Devereux“ aus Rom und „I vespri siciliani“ aus Parma.
Zur Internetseite von „Prima della prima“ geht es hier.
(zum Vergrößern bitte in das Bild klicken)
Durch Klicken auf „LE PUNTATE“ gelangt man zu den Details der einzelnen Sendungen (insbes. Besetzungsangaben).
Das Angebot auf Classicaltv.com umfasst derzeit über 250 Videos aus den Bereichen Klassische Musik, Oper, Tanz, Jazz und mehr. Das Anschauen dieser Videos kostet zwischen 5 und 10$ für 72 Stunden.
Es werden jedoch auch freie Videos angeboten; im Opernbereich ca. 20 Gesamtaufnahmen, dazu Sängerportraits.
Die Oper in Lüttich hat als erstes Opernhaus der Welt ab Februar 2010 schon drei Opern als Livestream über Internet gesendet: Verdis "Rigoletto", Bellinis "I Capuleti e i Montecchi" und am 11. Mai 2010 die beiden Donizetti-Opern "Rita ou le mari battu" und "Il Campanello di notte".
Wer die Live-Sendungen versäumt hat, kann sich bei OperaLive registrieren und ein "free ticket" für die beiden Donizetti-Opern und die Bellini-Oper erhalten. Verdis "Rigoletto" ist nicht mehr abrufbar.
Wer sich zunächst eine Übersicht über OperaLive verschaffen und einige Videoclips anschauen möchte, sollte auch auf Youtube den Kanal von LiveOpera besuchen. Sehens- und hörenswert sind viele Videoclips zum "Rigoletto", insbesondere diese zeichnerische Entdeckungsreise (Making of "Discover Rigoletto").
Als wir 1993 an der Technischen Universität Braunschweig mit der Entwicklung eines interaktiven, multimedialen Informationssystems für das Staatstheater Braunschweig begannen, hielten wir es für völlig unmöglich, dass Videofilme über das Internet verbreitet werden könnten. Videoclips mussten damals jeweils manuell in die Informationssäulen eingespielt werden.
Da heute die Verbreitung von Bewegtbildern problemlos möglich ist, bieten immer mehr Theater auf ihren Internetseiten auch Videoclips zu den einzelnen Produktionen an. Mitunter sind diese Filme jedoch nicht leicht zu finden, denn die Internetauftritte der einzelnen Theater unterscheiden sich nicht nur stark voneinander, auch die Integration der multimedialen Elemente in die Webseite wird sehr unterschiedlich gelöst.
Weniger bekannt ist, dass man diese Videoclips auch gesammelt auf den Webseiten der professionellen Produzenten anschauen kann. In Norddeutschland produziert z. B. Theater-TV für derzeit ca. 12 Theater einführende Kurzfilme zu den Sparten Oper, Schauspiel und Ballett:
Zur Vergrößerung eines Bildes bitte ins Bild klicken!
Durch Klick auf ein Theaterhaus z. B. Theater Erfurt öffnet sich diese Startseite mit einer Übersicht über die zur Zeit aktuellen Videoclips:
Startseite für Theater Erfurt
Nach Auswahl eines Videofilms z.B. "Illusionen - wie Schwanensee" (Staatsoper Hamburg) startet das Video:
Videostartseite Ballett "Illusionen - wie Schwanensee", Staatsoper Hamburg
Rossinifreunde können sich vor einem Besuch der "Il viaggio a Reims" in Hannover auf dieser Seite informieren:
"Il viaggio a Reims, Die Reise nach Reims" von G. Rossini
Durch Klick auf den Theaternamen über dem ausgewählten Video z. B. "Semperoper Dresden" gelangt man zur Homepage dieses Theaters und kann sich auch dort das Video ansehen z. B. zur Oper "Notre Dame" von Franz Schmidt:
"Notre Dame" Semperoper Dresden
Auf der Seite der Hamburgischen Staatsoper werden die Videoclips über den jeweiligen Text eingeblendet:
"Lucia di Lammermoor" Staatsoper Hamburg
Nur wenige Theater verzichten auf die Doppeldarstellung auf Theater-TV und eigener Homepage und setzen nur einen Link auf Theater-TV. Ein Theater präsentiert ausgewählte Videos zusätzlich auf der Videoplattform Youtube.
Viel Spaß beim Ansehen der Videoclips auf www.theater-tv.com und/oder den Theater-Internetseiten!
Es muss nicht immer nur YouTube sein. Auch Opernhäuser nutzen zunehmend das Internet, wo man jetzt sogar auch Videos von kompletten Inszenierungen erleben kann:
Kostenlos anzusehen – und auch im Vollbild in guter Qualität – sind zur Zeit:
Janacek, Das schlaue Füchslein – Opéra National de Paris Aufführung vom 4. November 2008 (bis 31. Dezember 2008)http://www.operadeparis.fr/Accueil/Actualite.asp?id=726 – wahlweise mit französischen oder englischen Untertiteln
Wer von weiteren Videos von kompletten Opern im Internet weiß, den bitte ich herzlich um einen Hinweis , - entweder in einem Kommentar zu diesem Post oder per E-Mail.
Im Auge behalten sollte man die Seite von http://www.myclassicworld.com/, auf der bisher „Salome“ aus Aachen und „La Périchole“ aus Dresden kostenlos gezeigt wurden; für das Frühjahr ist eine Übertragung aus einem – namentlich noch nicht genannten - deutschen Opernhaus angekündigt.
Als – allerdings kostenpflichtiges – Video soll es auf der Seite von www.classiclive.com demnächst die Neuinszenierung der „Zauberflöte“ aus dem Theater am Goetheplatz in Bremen geben; Premiere ist dort am 30. November.
Video-Clipsvon ihren aktuellen Inszenierungen bieten jetzt fast alle Opernhäuser auf ihren Internetseiten. Auf der Seite von http://www.theater-tv.com/ kann man sich einen guten Eindruck von Inszenierungen folgender deutscher Opernhäuser verschaffen (die Links führen nicht zu den Seiten der Opernhäuser, sondern zu den jeweiligen Videos von theater-tv):
Es war schon eine etwas seltsame Veranstaltung – das von Marko Letonja dirigierte Konzert der Hamburger Symphoniker „Die Kunst des Belcanto“ am 6. November 2008 im Großen Saal der Laeiszhalle in Hamburg, zu dem als Solisten Jane Archibald (Sopran), Javier Camarena (Tenor) und Christoph Hartmann (Oboe) aufgeboten waren.
Zur Einstimmung war auf der Internetseite der Hamburger Symphoniker in schön gesetzten Worten zu lesen:
“Belcanto bedeutet ‚Schöngesang’ und dann wieder auch nicht. Belcanto ist Repertoire. Belcanto ist aber auch eine Technik, eine Attitüde. Belcanto ist eine geheimnisvolle Welt, die nach Zitronen duftet und so faszinierend schimmert, wie das Wasser in den Grotten der Amalfiküste, eine Welt, die wie der Ruf "Bravo" klingt und wie ein hohes C oder ein noch höheres Es. All das entdecken Sie an diesem Abend zusammen mit den fabelhaften Künstlern, die wir Ihnen präsentieren.“
So blumig und fabelhaft war die Realität dann allerdings nicht. Die Moderation durch Hans-Jürgen Schatz entpuppte sich als Verlesen längerer belehrender Texte, die eher ins Programmheft gehört hätten, in dem aber außer Biographien der Mitwirkenden überhaupt nichts zum Nachlesen stand. Aber vielleicht benötigt das belcantoentwöhnte und auch nicht sehr zahlreich erschienene Hamburger Publikum einen solchen persönlichen Wegweiser durch terra incognita.
Auf dem Programm standen populäre Arien und Duette von Händel, Rossini, Donizetti, Bellini und – etwas überraschend - auch von Verdi (Duett aus„Rigoletto“), - also Belcanto im doch eher allgemeineren Sinne. Den Gesangsdarbietungen der Sopranistin Jane Archibald fehlte leider so ziemlich alles, was Belcantogesang ausmacht, - da gab es keine messa di voce, kein echtes Legato, keine Auszierungen durch Appoggiaturen und Fiorituren, es reichte gerade mal zu den vorgeschriebenen Koloraturen. Mit den Regeln der Belcanto-Technik ist dagegen der Tenor Javier Camarena hörbar vertraut, der insbesondere mit der Arie des Ramiro aus Rossinis „La Cenerentola“ und der Arie des Tonio aus Donizettis „La Fille du Régiment“ begeisterte und die Duette dominierte, auch was die szenische Präsenz anbelangte.
Von ihm hätte man gerne mehr gehört, aber überraschenderweise bestritt der Oboist einen großen Teil des Programms mit drei Instrumentalstücken für Oboe und Orchester von Pasculli. Wer ist Pasculli? Nie gehört, ich jedenfalls nicht! Im Programmheft war übrigens – wie bei den anderen Komponisten auch - nicht einmal der Vorname angegeben, den und weitere Details erfuhr man erst durch Herrn Schatz und – da auf Mitschreiben nicht eingerichtet - musste man sich das dann zuhause irgendwo heraussuchen. Laut Wikipedia war Antonio Pasculli, geboren 1842, ein im ausgehenden 19. Jahrhundert in Italien sehr populärer Oboist, der Fantasien für Oboe über Themen aus Opern insbesondere von Bellini, Donizetti, Rossini und Verdi komponierte und aufführte.
Lohnend war der Abend wegen der Begegnung mit Javier Camarena, der - wie seine Biografie zeigt – bereits auf dem Weg nach ganz oben ist und den man hoffentlich auch bald einmal an der Hamburgischen Staatsoper erleben kann.
Hier ein Video mit der Arie des Ramiro aus "La Cenerentola" (Brüssel - Oktober 2008):
Die Hamburger Symphoniker waren auch das Orchester der Repertoireaufführung von Donizettis „L’elisir d’amore“ in der Hamburgischen Staatsoper am 31. Oktober 2008. Den Nemorino sang Charles Castronovo (Biografie). Ich hatte ihn bereits einmal im November 2005 als Alfredo in „La Traviata“ gehört, wovon mir aber – abgesehen von seiner attraktiven Erscheinung – nichts Besonderes in Erinnerung geblieben war. Diesmal aber war er wirklich großartig. Das Timbre ist zwar nicht einzigartig, aber seine Gesangstechnik ist Belcanto pur. Einen derart gekonnten Einsatz der voix mixte mit Crescendi und Decrescendi (messa di voce) habe ich lange nicht mehr - jedenfalls nicht in Hamburg - hören dürfen, was mich denn auch – und nicht nur mich! – zu Bravorufen hingerissen hat. Auch seine szenische Darstellung war ein großes Vergnügen.
Hier ein Video der Arie des Nemorino aus dem Jahre 2006 (Konzert in Moskau) - wenn auch noch etwas weniger ausgefeilt als in der Hamburger Vorstellung:
Anna Samuil, die als Adina eingesprungen war, dürfte diesem Repertoire schon fast entwachsen sein, so sehr scheint sich die Stimme verändert zu haben. Ich hatte sie im November 2006 bereits einmal in dieser Partie gehört und war begeistert. Diesmal tat ihr Gesang fast weh, – zu laut und zu hart und zu ungenau im Tonansatz, aber als sie nach der Pause die Stimme etwas zurücknahm, konnte ich mich doch wieder an Verzierungen erfreuen, die an die frühere Aufführung erinnerten. Die Solisten aus dem Hamburger Ensemble – Tigran Martirossian als Dulcamara und Moritz Gogg als Belcore - boten Einsatz, Spielfreude und soliden Gesang. Das Dirigat von Florian Csizmadia bewies eine eingehende Beschäftigung mit der Partitur und sorgfältige Probenarbeit, - abgesehen von einigen für meinen Geschmack zu lauten Tutti hat alles gestimmt: Tempi, Freiraum für die Sänger und Balance der Instrumente, wunderbar waren viele Streicherpassagen, - es war ein „beschwingter“ Abend.
Warum reist der Opernliebhaber nach Wien? Ein Grund ist natürlich die Wiener Staatsoper, um dort internationale Stars einmal live zu erleben, die man am heimatlichen Opernhaus nicht zu hören bekommt und nur aus Funk und Fernsehen kennt.
So erlebten wir in der Staatsoper zwei Primadonnen, die sich „standesgemäß“ selbst inszenierten, - zum einen Renée Fleming rollenangemessen kapriziös als Capriccio-Gräfin, zum anderen völlig rollenunangemessen mit gekünsteltem Gehabe Angela Gheorghiu als tief dekolletiertes Gretchen mit Ehemann Roberto Alagna als Faust in einer Nicht-Inszenierung (rudimentär wegen Todes des Bühnenbildners und Erkrankung des Regisseurs). Frau Gheorghiu musste natürlich auch beweisen, dass sie bestimmt, wieviel sie zu singen hat, und leider hat sich die Intendanz dem gebeugt. Da legt Bertrand de Billy im Programmheft in seinem Beitrag "Kürzer ist meist nicht besser" u.a. ausführlich dar, warum es eine schlimme Tradition sei, die erste Szene des 4. Aktes - Gretchen am Spinnrad - zu eliminieren, und im Anschluss an den Beitrag ist dann eine Anmerkung abgedruckt: "Die Neuproduktion von Gounods Faust an der Wiener Staatsoper wurde in der vollständigen Form geprobt und einstudiert. Auf Wunsch der Sängerin der Marguerite wird in der Premierenserie das 1. Bild des IV. Aktes jedoch nicht gespielt werden. In den späteren Vorstellung wird dies wieder stattfinden. Die Direktion". Wer diese Premierensängerin ist, ist aufgrund der Besetzungsangaben bei den Fotos im Programmheft auch künftig nachlesbar, - schön, dass sich die Direktion nicht mit einem Einlagezettel begnügt hat!
Eine ungekürzte Fassung und intensives Musiktheater mit Singschauspielern im Totaleinsatz gab es dagegen bei der Aufführung der „Pique Dame“ von Tschaikowsky in einer Inszenierung von Vera Nemirova und unter der spannungsvollen musikalischen Leitung von Seji Ozawa. Insbesondere die Szene zwischen Hermann (Neil Shicoff) und Gräfin (Anja Silja) ging unter die Haut, ein Meisterstück sowohl der Personenregie als auch der Darstellungskunst.
Aber es gibt – und das war für mich persönlich der wichtigere Teil der Reise – in Wien noch ein weiteres bedeutendes Opernhaus: Das Theater an der Wien, - mit einem Spielplan und Besetzungen, die das Herz höher schlagen lassen. Während unseres Aufenthalts liefen die „Barocken Festtage“ mit so ziemlich allem, was in diesem Musik-Genre Rang und Namen hat. Wir konnten leider nur zwei Vorstellungen besuchen, das Konzert von Max Emanuel Cencic und eine Aufführung von Glucks „Orfeo ed Euridice“.
Das Konzert von Max Emanuel Cencic stand unter dem Motto „Farinelli & Friends“ mit Arien von Riccardo Broschi, Nicola Antonio Porpora, Niccolò Jommelli und Georg Friedrich Händel und Zugaben von Händel und Giuseppe Selitto. Eigentlich mag ich solche „Potpourri“-Veranstaltungen mit aus dem Zusammenhang gerissenen Arien nicht besonders, - es gelingt dabei zu selten, einen Spannungsbogen aufzubauen, der die ständigen Unterbrechungen durch Applaus und Abgänge übersteht, und ohne inspirierte Begleitung des Solisten geht es schon gar nicht. Die konnte das eher akademisch korrekt spielende Instrumentalensemble „I virtuosi delle muse“ unter Stefano Molardi leider nicht bieten, so dass die zwischen den Arien-Gruppen gespielten Ouvertüren und ein Concerto grosso von Vivaldi denn auch nicht viel Freude bereiteten. Äußerst schade für Cencic, der stilsicher und schönstimmig sang, bei elegischen Stücken große Bögen spann und Koloraturkaskaden gekonnt ins Publikum schleuderte. Ich kann nur hoffen, bald Gelegenheit zu haben, ihn in einer Bühnenproduktion zu erleben.
Die zweite Zugabe – eine Arie von Giuseppe Selitto - hier als Video von YouTube:
Das große Ereignis wurde „Orfeo ed Euridice“. Es wurde die Wiener Fassung gespielt, bei deren Uraufführung 1762 der Orfeo von einem Altkastraten gesungen wurde. Die Fassung für Parma 1769 hat Gluck dann für einen Soprankastraten umgeschrieben und für Paris, wo Kastraten verpönt waren, 1774 eine teilweise neue Fassung des Werks erstellt und die Partie des Orphée für einen Haute-Contre – einen hohen französischen Tenor – umgearbeitet und um eine neue Bravour-Ariette am Ende des ersten Aktes erweitert. In der Folgezeit war dann bekanntlich die Rolle des Orfeo der italienischen Fassung eine Domäne der Altistinnen bzw. Mezzosoprane, in Deutschland entwickelte sich aber auch eine gewisse Tradition, die Rolle des Orfeo eine Oktave tiefer von einem Bariton singen zu lassen, um die Partie mit einem Mann besetzen zu können; auf die Gesamtaufnahme mit Fischer-Dieskau sei verwiesen, in Hamburg habe ich noch 1980 Tom Krause als Orfeo gehört. Da der Orfeo – anders als später dann eine Reihe männlicher Partien in Rossinis opere serie - keine genuine Hosenrolle für eine Altistin ist, ist die heute mögliche Besetzung mit einem Countertenor m. E. die rollendeckendste Alternative, was die Wiener Aufführung voll bestätigt hat.
Im Theater an der Wien verkörperte Bejun Mehta mit seinem durchaus männlich klingenden Alt und seiner großen Bühnenpräsenz einen herausragenden Orfeo. Trauer und Freude vermochte er ungekünstelt zu vermitteln, maßvoll eingestreute Verzierungen wirkten nicht als aufgesetzte Mätzchen. Stimmlich harmonierte er hervorragend mit dem warmen Sopran von Miah Persson als Euridice und dem zwitschernden Amor von Sunhae Im. Zusammen mit dem Arnold Schoenberg Chor und dem Freiburger Barockorchester unter der musikalischen Leitung von René Jacobs gelang eine lebendige und packende Darbietung, die deutlich machte, was Gluck mit dieser Reformoper vermitteln wollte: Musik für die Seele!
Hier nun – YouTube sei wieder Dank - Bejun Mehta im Theater an der Wien mit „Che farò senza Euridice“:
Aber nicht nur die musikalische Ausführung begeisterte, sondern auch die Inszenierung von Stephen Lawless im Bühnenbild von Benoit Dugardyn, von der dieser Probenmitschnitt einen kleinen Eindruck geben kann. Auf der Bühne steht als Halbrund eine Nachbildung des Musikvereinssaales , durch dessen Türen blauer Himmel zu sehen ist. Es ist der Tag der Hochzeit von Orfeo und Euridice, die Gäste erscheinen, und dann kommt die Nachricht vom Tod Euridices, die im Hochzeitskleid hereingetragen und im Klavier bestattet wird. Das Elysium ist ein Blumenhain, ein Haufen aufgeschichteter Instrumentenkoffer stellt den Hades dar. Nachdem Amor für das Happy-End gesorgt hat, wird die Hochzeitsfeier fortgesetzt, - vielleicht war ja alles auch nur ein Albtraum Orfeos? Solisten und Chor sind in einer durchchoreographierten Personenregie (Bewegungsregie: Lynne Hockney) fast ständig in Bewegung, punktgenau zur Musik und oft auch tänzelnd.
Es war ein bewegender und beglückender Abend.
(Besuchte Vorstellungen vom 12. bis 16. Oktober 2008)
Der junge Tenor startet nach seinem Erfolg in "La gazzetta" 2007 in Bad Wildbad - hier noch einmal das Video - eine vielversprechende Karriere:
"For the 2008/2009 season Michael Spyres will be member of the Deutsche Oper Berlin, where he will be making his debut as Tamino in Die Zauberflöte and also appear as Steuermann in Der fliegende Holländer, Arturo in Lucia di Lammermoor...." mehr im Beitrag "Bad Wildbad und Pesaro junge-karrieren.html"
Die Vorstellungen von "La gazzetta" in Bad Wildbad waren für viele das Highlight 2007. Es gab da auch einen Tenor zu entdecken: Michael Spyres - hier das Video:
Neun_mal_das_hohe_F 1. William Matteuzzi 2. Nicolai Gedda 3. Gregory Kunde 1996 4. Gregory Kunde 2004 5. Luciano Pavarotti 6. Javier Cortes 7. Albert da Costa 8. Benvenuto Finelli 9. Paul Groves
Im nächsten DRG-Mitteilungsblatt (Nr. 43, Februar 2008) berichtet Detlef Kumschliess über die Lüneburger Cenerentola. Einen kleinen Eindruck kann man auch unter http://www.theater-lueneburg.de/video/La%20Cenerentola.rm gewinnen, wo Video-Ausschnitte (für RealPlayer) zum Klang des Schlussrondos mit der koloraturbezaubernden Annette Pfeifer zu sehen sind. Reto Müller
"Märchenglück im Schnelldurchlauf. Rossinis "Cenerentola" als spritzige Kurzfassung im Staatstheater Braunschweig - Nicht speziell kindgerecht" titelte die Braunschweiger Zeitung am 22. Dez. 2007
"Traumprinz heiratet Kioskbesitzerstochter" – aus solchen Schlagzeilen bestehen bis heute die Märchen. Dominik Wilgenbus hat für seine Kurzfassung von Rossinis "Cenerentola" im Kleinen Haus des Staatstheaters Braunschweig die zauberhafte Geschichte um den heruntergekommenen Adligen Don Magnifico, der seine Töchter dringend reich verheiraten muss, in das heutige Regenbogenpress-Milieu verrrückt" mehr...
Ivan Kozlovsky und Sergei Lemeshev (From the thirties to the sixties two tenors: Ivan Kozlovsky and Sergei Lemeshev were friendly rivals for public popularity. Both tenors sing their tribute to Anton Tchekhov's widow Olga Kniepper at the special Jubilee for her at the Moscow Art Theatre)