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18. Juli 2010

„La gazza ladra“ in Bad Schwalbach – Premiere der Kammeroper München

Ouvertüre zur "La gazza ladra", Notenauszug für Posaune, Link zur Quelle

Hingefahren nach Bad Schwalbach sind wir voller Vorfreude: Schließlich sollten wir dort im Kurhaus im Rahmen des Rheingau Musik Festivals Gelegenheit haben, wieder einmal eine der selten gespielten Opern unseres Rossini zu hören. Aber den Heimweg nach der Premiere einer Aufführung der Kammeroper München haben wir dann doch mit etwas gemischten Gefühlen angetreten. Doch alles der Reihe nach.

La gazza ladra – Die diebische Elster – jeder kennt die fröhliche Ouvertüre mit ihrem charakteristischen Trommelwirbel zu Beginn, aber die Oper selbst ist wenig bekannt. Wider Erwarten ist dies keineswegs ein heiteres Stück. „Melodramma“ nennt es der Librettist und melodramatisch, ja hart am Rand des Tragischen, geht es da in der Tat zu. Die Handlung basiert angeblich auf einer wahren Geschichte: Eine Dienstmagd in der französischen Provinz wird verdächtigt, silberne Löffel gestohlen zu haben, für dieses abscheuliche Verbrechen zum Tod verurteilt und hingerichtet, bevor man dahinter kommt, dass es in Wirklichkeit die böse Elster war, die sich an den Löffeln vergriffen hatte. In unserer Oper allerdings wird das junge Mädchen im letzten Augenblick gerettet und kann muntere Finalweisen anstimmen.

Rossini, der das Libretto „bellissimo“ fand, hat seine Oper für ein groß besetztes Orchester geschrieben: 4 Hörner, 3 Posaunen und 3 Schlagzeuger neben dem sonst üblichen Apparat – also mit weniger als 45 Musikern ist diese Partitur nicht adäquat zu realisieren. Das Markenzeichen der Münchner Kammeroper aber ist die Reduzierung auf zehn Musiker, und das mag ja bei den „Lustigen Nibelungen“ von Oscar Strauss angehen, ist aber in unserem Fall äußerst fragwürdig.

Nichts gegen die exzellenten Instrumentalisten, die sich an diesem Abend in Hochform zeigten: Trotz immenser Schwierigkeiten für jeden Einzelnen war kein falscher oder auch nur unschöner Ton zu hören. Aber das nicht unbedingt geschickte Arrangement ließ nicht einmal das klangliche Niveau eines guten Salonorchesters aufkommen, und die unglückliche Verwendung eines Bandoneons (im Programm als Akkordeon deklariert) mit seinen näselnden Tönchen drückte den Klang weiter in Richtung Petersburger Straßenmusikanten.

Wir hatten uns so auf den erwähnten Trommelwirbel zu Beginn gefreut. Schließlich hat er eine im Stück verankerte Bedeutung als Begleitmusik auf dem Marsch zur Hinrichtung. Aber hier? Leider war keiner der 10 Musiker in der Lage, eine Trommel zu rühren, und so fing alles mit ein paar vom Horn allein vorgetragenen belanglosen Dreiklangsübungen an – erste herbe Enttäuschung.

Gesungen wurde auf Deutsch in einer Neuübersetzung des Regisseurs Dominik Wilgenbus. Verstanden haben wir wenig vom Text, aber hier eine Kostprobe: statt „Mille furie nel petto mi sento“ hieß es in schwer nachvollziehbarer Nachahmung eines gewissen Meisters aus Bayreuth: „Ist mein Busen der Boden des Bösen?“. Man konnte diesen Text an der Abendkasse kaufen. Es war nicht unbedingt übertriebene Sparsamkeit, die uns darauf verzichten ließ.

„Die Inszenierungen setzen neben dem poetischen Einsatz einfacher Mittel vor allem auf die komödiantischen Qualitäten der jungen Sängerinnen und Sänger“ (Originaltext Kammeroper München). So weit, so gut. Die komödiantischen Qualitäten waren ziemlich ungleich verteilt, und um einfache Mittel handelte es sich in der Tat – auf der ansonsten leeren Bühne waren vier Stehleitern poetisch eingesetzt, an denen traurig eine sparsam mit bunten Glühlampen bestückte Girlande hing. 


Foto: Rheingau Musik-Festival in Premieren-Kritik der Wormser Zeitung
(diese Seite enthält auch ein Video zur Aufführung)

Im ersten Akt hielt man sich noch weitgehend gradlinig erzählend an die Vorlage Rossinis, aber nach der Pause kamen dann Schere und Rotstift ausgiebig zum Einsatz und stutzten das in reiner Spielzeit 3 ¼ stündige Werk auf das bekömmliche Maß von 2 ½ Stunden plus 30 Minuten Pause zurecht, wobei es dann am Ende zwangsläufig etwas Hals über Kopf zuging.

Für die schlimme Elster, die den ganzen Schlamassel anrichtet und auch gelegentlich etwas krächzen darf, hatte man sich wirklich etwas Sinnvolles ausgedacht: als flügelschlagende Stockpuppe drehte sie schon während der Ouvertüre eine Runde durchs Publikum und war dann auch über weite Strecken im ersten Akt auf der Bühne präsent. Das machte Sinn. Im zweiten Akt gab es dann Ausflüge in die Tiefenpsychologie. Im Gefängnis wird die arme Ninetta das Opfer von bösen Träumen und Visionen, in denen die Elster dämonisiert in Gestalt von schwarzen und weißen Vogelfedern auftaucht. Auch das war noch nachvollziehbar, bis schließlich diese phantasievollen Zutaten in der Gerichtsszene und im Finale leider zu reinem Klamauk entarteten.

Natürlich hatten wir nicht erwartet, Rossinis Musik hier von Assen des Gesanges vorgetragen zu hören. Aber da gab es dann doch wenigstens zwei sehr, sehr positive Überraschungen. Simona Eisinger hieß die junge Sängerin, die die Rolle der Ninetta jugendlich frisch und in jeder Hinsicht überzeugend zu gestalten wusste und auch den Anforderungen der in dieser Oper allerdings sparsam eingesetzten Koloraturen durchaus gewachsen war. Die Rolle ihres hilfreichen Freundes Pippo, bei Rossini ein Contralto als Hosenrolle, sang Thomas Lichtenecker, ein Altus, also ein Mann mit der hohen Stimme, wie sie heutzutage vorzugsweise in der Barockmusik zum Einsatz kommt, und die in etwa die von Rossini geforderte Tessitura hat. Und das war bei aller anfänglichen Skepsis dann wirklich ein Erlebnis. Das einwandfrei gesungene und schön anzuhörende Duett Ninetta – Pippo im zweiten Akt war der absolute Höhepunkt dieser Aufführung.

Musikalisch ebenso hörenswert waren die stimmlich gut ausbalancierten Ensembles, ohnehin die besten Teile dieser Partitur, in denen auch die anderen Sänger gediegene Gesangskultur demonstrieren konnten. Nennen wir stellvertretend für die vielen anderen Peter Maruhn, der dem bösen Bürgermeister seinen wohlklingenden Bass lieh, allerdings für die Verführungsversuche bei der jungen Ninetta noch etwas Übungsbedarf in diesem Metier erkennen ließ. Eigentlich der Einzige, der uns weniger gefallen hat, war Giannetto, den Ninetta am Ende abkriegt und der sich zwar lautstark bis zum hohen Cis aufzuschwingen wusste, dabei aber jeden tenoralen Schmelz vermissen ließ. Wieder einmal wurde in dieser Aufführung deutlich, dass diese Art von Musik nur dann ihre volle Schönheit entfalten kann, wenn sich erstklassige Sänger ihrer annehmen.

In den freundlichen Schlussapplaus hinein hörte man ein schüchternes „Viva Rossini“. Eigentlich hätte der Mann das ruhig lauter rufen können, aber vielleicht hätte sich der Meister auch nach dieser Aufführung schamhaft weggeduckt. Trotzdem: Eine der weniger gespielten Opern Rossinis zu hören ist immer ein Gewinn, und wer sich den verschaffen will, hat dazu noch ab 19. August im Hubertussaal, Schloss Nymphenburg in München, Gelegenheit.

Friederike und Claus Louis (besuchte Vorstellung 15.07.2010)

11. September 2009

Rossini in Wildbad 2009

Elke Heidenreich hat in der FAZ einen höchstpersönlichen, amüsanten Bericht über „ihren“ Festspielsommer geschrieben: „Mein Gott, was machen wir… es festspielt landauf, landab mit ungeahnter Wucht“. In Bad Wildbad war sie nicht, dort müsste es ihr aber eigentlich gut gefallen. Denn dort gibt es keine Massen und nichts, was vom Entspannen ablenkt, nichts außer eben diesem kleinen liebenswerten Festival „Rossini in Wildbad“. Ich war dieses Jahr dort zum neunten Mal in Folge und habe mir vom 2. bis 12. Juli zehn Tage Entspannung mit Festspielen gegönnt.

Schlechte Nachrichten gab es leider vorab: Das Konzert von Marianna Pizzolato wurde wegen Erkrankung abgesagt. Es war auch einiges anders als sonst: Eine Masterclass, wie sie in den Vorjahren Raúl Giménez durchgeführt hatte, gab es aus finanziellen Gründen dieses Jahr leider nicht mehr.

Und noch etwas hat sich geändert: Ungewohnt und für mich ziemlich gewöhnungsbedürftig ist der neue Standort des Rossini-Denkmals. Nun steht es nicht mehr im Schutz der grünenden und blühenden Vegetation des Kurparks, sondern an dem von Anfang an vorgesehenen Platz, nämlich auf dem Rand eines kleinen Thermalbeckens gegenüber dem Palais Thermal, und Rossini könnte also nun seinen Fuß in echtes Thermalwasser setzen, - aber etwas verloren wirkt er dort, so fast nackert und nur mit einem Handtuch um die Hüften. Aber als Mittelpunkt von Gruppenfotos ist er begehrt, und vielleicht werden nächstes Jahr – jedenfalls zur Festspielzeit – auch noch ein paar Blumenkübel das spartanisch-kahle Ambiente etwas freundlicher gestalten.

Das Festival begann mit einer von Alberto Zedda geleiteten und als CD-Einspielung vorgesehenen konzertanten Festaufführung. Dem SWR und der Firma Naxos ist erneut herzlichst dafür zu danken, dass endlich Zeddas maßstäbliche Interpretationen von Rossinis Meisterwerken auf CD dokumentiert werden, und für den Maestro kommen auch Spitzensänger nach Bad Wildbad, die man andernorts nicht so „hautnah“ erleben kann. Für die auf CD bereits erschienenen Projekte der vergangenen Jahre sei auf die Übersicht in meinem Blog-Beitrag zum letztjährigen 20. Festival "Rossini in Wildbad" 2008 - Das Jubiläum verwiesen.

Dieses Jahr stand „La gazza ladra“ („Die diebische Elster“) auf dem Programm, eine Oper, die Alberto Zedda bereits 1979 nach der von ihm erstellten kritischen Ausgabe der „Fondazione Rossini di Pesaro“ eingespielt hat, und gerade was die sängerischen Leistungen anbelangt, zeigt der Vergleich mit dieser Aufnahme aus einer Zeit ganz zu Beginn der Rossini-Renaissance – das erste Rossini Opera Festival in Pesaro fand 1980 statt - doch deutlich die immense Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Für den 2. Juli war an sich für den Abend eine (eingeschränkt) öffentliche Generalprobe vorgesehen, und dafür hatte ich mir eine Eintrittskarte gekauft, hatte aber schon vor meiner Abreise erfahren müssen, dass stattdessen über den ganzen Tag verteilt Aufnahmen für die CD-Veröffentlichung stattfänden. Somit führte mein erster Weg nach meiner Ankunft am Nachmittag zum Touristik-Büro, wo ich meine Eintrittskarte zurück gab und mich zum Trost für das (kostenlose) Zuhören bei den Aufnahmen anmelden durfte, so dass ich abends dann immerhin noch die Arbeit an Ouvertüre und erstem Akt verfolgen konnte. Diese Reihenfolge – zunächst der zweite, und danach der erste Akt – kannte ich schon von der ebenfalls beschränkt öffentlichen Generalprobe der „Italiana in Algeri“ im Vorjahr; dies wird so gehandhabt, damit man auch für die Aufnahme des zweiten Aktes frische Stimmen hat. Anders als im Vorjahr wurde dieses Mal aber häufiger unterbrochen und mit dem Orchester (Virtuosi Brunensis) diskutiert und dann anschließend noch eine Stunde mit Nachaufnahmen verbracht, - zufrieden schien der Maestro noch nicht zu sein, wovon dann aber bei der Aufführung am Sonnabend, 4. Juli, nichts mehr zu merken war. Diese wurde wieder ein großer persönlicher Erfolg für Alberto Zedda, - es ist immer wieder faszinierend zu erleben, wie der so gebrechlich wirkende und nun schon 81-Jährige mit dem Erheben desTaktstocks Energie aufzuladen scheint und mit welcher Leidenschaft und Liebe er dirigiert und Orchester, Chor und Sänger mitreißt. Auf die Sendung des Mitschnitts beim SWR und auf die anschließend hoffentlich auch bald erscheinende CD-Aufnahme darf man sich freuen, denn alle gaben für Zedda ihr Bestes: Maria José Moreno – zurück aus der Babypause – als schönstimmige und anrührende Ninetta, Kenneth Tarver als höhensicherer Giannetto, Lorenzo Regazzo – auch konzertant mimisch und gestisch ständig in Aktion – als koloraturschleudernder komisch-böser Gottardo, Giulio Mastrototaro und Luisa Islam-Ali-Zade als Eltern von Giannetto, Mariana Rewerski - Einspringerin für die erkrankte Marianna Pizzolato - als Pippo und – das war die Überraschung dieser Produktion – Bruno Praticò einmal nicht in einer Buffopartie, sondern als Fernando, schön auf Linie singend, mutig in den Koloraturen und sehr konzentriert ob des doch wohl eher ungewohnten Terrains. Auch die kleineren Partien waren gut besetzt, und zwar durchweg mit Sängern, die dann in der späteren szenischen „Gazza ladra“ Hauptpartien sangen: Stefan Cifolelli (Tenor, Isacco), Pablo Cameselle (Tenor, Antonio) und Maurizio Lo Piccolo (Bass, Giorgio), ferner Damian Whiteley (Pretore).

Am Sonntag, 5. Juli, stand dann am Vormittag die Premiere der szenischen Schiller-Belcanto-Matinee „Die Axt im Haus erspart den Zimmermann“ auf dem Programm (Regie: Christof Küster). Eine der deutschen Sprache unkundige Sängerin (Luisa Islam-Ali-Zade) und ein überschwänglicher Schauspieler (Boris Rosenberger) erscheinen zum Vorsingen bzw. zum Vorsprechen für „Wilhelm Tell“ und geraten nichtsahnend an die Putzfrau – hinreißend gespielt von der Schauspielerin Gundi-Anna Schick; diese findet Gefallen an der Sache und „inszeniert“ die Tell-Handlung, die sie nur in groben Zügen vom Hörensagen kennt, mit den ihr eigenen Mitteln und Ideen. Eingebaut in den Ablauf waren sieben Arien (von einer Canzonetta von Haydn und Mozarts Cherubino über Rossinis Italiana und Tancredi bis zu Tschaikowskis Jungfrau von Orléans), mit denen Luisa Islam-Ali-Zade – wie immer souverän am Flügel begleitet von Marco Bellei - brillieren konnte. Für diese vergnügliche Stunde Unterhaltung gab es viel Beifall.

Danach wurde es bis zum Donnerstag ohne Festivalgäste sehr ruhig in Bad Wildbad, aber für mich keineswegs langweilig. Zum einen gibt es im Umkreis von Bad Wildbad nicht nur Wanderwege und lohnende kulturelle Ausflugsziele mit Museen, Ruinen, Fachwerkhäusern etc., sondern auch drei Städte mit Opernhäusern – Karlsruhe, Stuttgart und Pforzheim - , von denen man auch nach einer Abendvorstellung noch mit der Stadtbahn bequem nach Bad Wildbad zurückkehren kann, zum anderen wird vor Ort ja für die bevorstehenden Premieren geprobt. So erlebte ich in Pforzheim, (wohin ich mich schon am Freitag vor aufziehenden Gewitterstürmen ins Schmuckmuseum geflüchtet hatte) am Sonntagabend eine sehr fantasievoll inszenierte und erfreulich gut gesungene Aufführung der Barockoper „La Calisto“ von Cavalli, und auch Stuttgart bot am Mittwoch mit Händels „Teseo“ Barockes. Dazwischen erlebte ich die Proben zur szenischen „Gazza ladra“ und zu Rossinis „Il signor Bruschino“, den ich – da nun einmal leider überhaupt kein Kurparkwetter war - dreimal komplett sah und hörte und so auch die szenische und musikalische Detailarbeit gut verfolgen konnte.

Für Donnerstag, 9. Juli, hatte eigentlich ein Belcanto-Festkonzert mit Marianna Pizzolato auf dem Programm gestanden, das aber leider wegen ihrer Erkrankung hatte abgesetzt werden müssen. Wer wollte, konnte stattdessen in eine sog. Voraufführung der szenischen „Gazza ladra“ gehen, in Wirklichkeit – und so auch in dem außerhalb der Vorstellungen im Kurhaus aushängenden Probenplan ausgewiesen – war es die Generalprobe, und zur Enttäuschung einiger Besucher hörten sie von Ugo Guagliardo in der Rolle des Fernando weitgehend nur Markiertes und konnten erst in der Schlussszene, in der er voll aussang, erahnen, was ihnen entgangen war. Ich meine, man hätte das Publikum darauf vorbereiten sollen, die Leute wären trotzdem gekommen und hätten Verständnis gehabt (und sich vielleicht auch mit den im Vergleich zu den normalen Vorstellungen niedrigeren Kartenpreisen etwas getröstet); denn dass es ohne ernstliche Stimmgefährdung nicht anders ging, war völlig einzusehen, da dieser junge und wirklich vielversprechende Koloraturbass sowohl in der „Gazza ladra“ als auch im „Signor Bruschino“ Hauptpartien sang.

Das 20-jährige Bestehen der Deutschen Rossini Gesellschaft wurde am Freitag, 10. Juli, nachmittags im König-Karls-Bad mit einem vom Vorsitzenden Bernd-Rüdiger Kern gehaltenen Vortrag „Rossini in Wien oder Die Bekenntnisse von Melanie von Metternich“ und mit Kammermusik von Rossini für Harfe, Streicher und Bläser gefeiert. Die Ausführenden dieser sonst leider wenig zu hörenden Kammermusikraritäten waren – mit Ausnahme der Harfenistin – Mitglieder des Festivalorchesters Virtuosi Brunensis und machten mit ihrem virtuosen Spiel dem Namen ihres Orchesters alle Ehre. Anschließend gab es einen Empfang im Hotel Rossini (vormals Hotel Bären).

Am Freitagabend war dann die Premiere der Farsa „Il signor Bruschino ossia Il figlio per azzardo“ und wurde ein voller Erfolg. Die Produktion soll auch als DVD erscheinen. Die Inszenierung von Jochen Schönleber im Bühnenbild von Anton Lukas und in den Kostümen von Claudia Möbius wurde zu Recht einhellig bejubelt, - spritzig, witzig und nie klamottig.


Dem entsprach auch das Dirigat von Antonino Fogliani, der zunächst im Bademantel antrat, denn Ouvertüre und erste Szene spielten in den „Bagni Gioachino“: das Orchester saß auf blauer Folie sozusagen im Schwimmbecken und alle setzten zur Ouvertüre passenderweise Badehäubchen auf. Auch Stefania Bonfadelli zeigte sich hübsch anzusehen in Bikini und Badeanzug. Weniger wohlgeformt, aber umso lustiger präsentierte sich dann am Schluss Bruno Praticò im quergestreiften Badekostüm und positionierte sich an der Leiter ins imaginäre Orchester-Schwimmbassin in der gleichen Pose wie der bronzene Rossini auf seinem Denkmal. Dazwischen gab es jede Menge liebenswerte Gags in temporeich abspulenden Aktionen zu belachen, genau passend zu den Crescendi in Rossinis Musik und von den Akteuren auf der Bühne mit Spaß an der Freud ausgeführt. Jetzt klappte alles, ich hatte ja die gelegentlich durchaus hindernisreiche Entwicklung der einen oder anderen Szene bei den Proben miterlebt.


Bruno Praticò war in dieser Bufforolle des Signor Bruschino natürlich voll in seinem Element, die an Koloraturen reiche Basspartie des Gaudenzio Strappapuppole, fürsorglicher Vormund von Sofia, wurde von Ugo Guagliardo hinreißend gesungen und gespielt. Stefania Bonfadelli kehrte nach längerer Krankheit, kurzem Comeback (s. Interview in der Zeitschrift „Das Opernglas“, Oktober 2006) und anschließender Babypause auf die Bühne zurück, - da bleibt wohl erst einmal abzuwarten, ob sie auch wieder an den großen Häusern reüssieren kann. Filippo Adami gefiel mit seinem höhensicheren, klaren Tenor als Florville. In den kleineren Partien sangen Pablo Cameselle, Stefan Cifolelli, Armando Ariostini und Wakako Ono, am Fortepiano begleitete Michele d’Elia die Rezitative.


Am Sonnabend, 11. Juli, gab es ein dichtgedrängtes Programm. Bei dem Empfang am Vortag war spontan für den Vormittag eine Besichtigung des in dieser Saison geschlossenen Kurtheaters angesetzt worden, zu der sich mehr als zwei Dutzend Interessenten einfanden. Unter der engagierten Führung durch Herrn Dr. Eckhard Peterson, Vorsitzender des Fördervereins Kurtheater Wildbad e.V., konnten wir sehen, wieweit die aktuellen Baumaßnahmen gediehen waren: links ein Anbau für Garderobe, Toiletten etc., rechts der Anbau der Cafeteria, und im Zuschauerraum sind auch bereits die ersten Reihen der aufwendig restaurierten Originalbestuhlung zu bewundern. Herr Dr. Peterson führte uns auch in das Bühnenhaus mit den noch original erhaltenen Kulissenzügen, von denen ein Teil wieder in Benutzung genommen werden soll, und unter die Bühne. Wenn man an den bei der ersten Besichtigung 2001 vorhandenen katastrophalen Zustand des jahrelang als Abstellraum für Gartengeräte genutzten Theaters zurückdenkt, kann man nur staunen, was dank des unermüdlichen Einsatzes des Fördervereins und seines Vorsitzenden erreicht worden ist.

Am Sonnabend-Nachmittag stand dann ein von Solistinnen und Solisten des Festivals bestrittenes Konzert „Hommage an Schiller“ auf dem Programm. Mit der Klavierbegleitung von Michele d’Elia gab es Arien und Szenen aus „Don Carlo“ und „I masnadieri“ von Verdi, aus „I briganti“ von Mercadante, aus Donizettis „Roberto Devereux“ (nicht von Schiller) sowie vier Szenen bzw. Arien aus Rossinis „Guglielmo Tell“ bzw. „Guillaume Tell“. Da der Festivalintendant Jochen Schönleber in seiner Moderation ankündigte, dass es den Tell in Bad Wildbad geben werde, wurde natürlich anschließend eifrig diskutiert, ob man da vielleicht schon einen Teil der geplanten Besetzung zu hören bekommen hatte, - es sangen Ines Merseburg, Pablo Cameselle (anstelle des angekündigten Filippo Adami), Wakako Ono, Elsa Giannoulidou und – das war die Überraschung des Nachmittags – Bruno Praticò. Sein „Sois immobile“ war schönstimmig und stilvoll, eine Wohltat insbesondere im Vergleich zu den sehr lautstark vorgetragenen Verdi- Stücken des ersten Teils des Konzerts, - auf die daran beteiligten Solisten möchte ich nicht näher eingehen.


















Am Sonnabend-Abend war dann die offizielle Premiere der szenischen Produktion der „Gazza ladra“. Das etwas pauschale Dirigat von Ryuichiro Sonoda konnte sich mit dem von Zedda nicht messen, immerhin spielten die Virtuosi Brunensis - jedenfalls bis zur Pause – nicht so unangenehm laut wie in der sog. Voraufführung. Die Inszenierung von Anke Rauthmann nutzte mit einer schrägen Rampe (Bühne: Anton Lukas) geschickt die – besonders bei Einsatz eines größeren Chores (Classica Kammerchor Brno) - beengten räumlichen Verhältnisse der Kurhaus-Bühne, das Hauptaugenmerk lag auf einer detailreichen und überzeugenden Personenführung. Giulio Mastrototaro sang wieder ausgezeichnet gut den Fabrizio, seine Frau war diesmal Elsa Giannoulidou, und die Rolle des Sohnes Giannetto sang Stefan Cifolelli mit großem persönlichen Erfolg. Ebenfalls erfreulich war die Ninetta von Sandra Pastrana, bei den Bässen bot Ugo Guagliardo als Fernando ein atemberaubendes Koloraturfeuerwerk, während Maurizio Lo Piccolo als Gottardo zwar eine weniger geläufige Gurgel hatte, aber durch stilvolles Legato punkten konnte. Luisa Islam-Ali-Zade war diesmal Pippo und – sicherlich auch und gerade wegen ihrer natürlichen Gestaltung dieser Hosenrolle – wieder ein Publikumsliebling. In den kleineren Partien gefielen Pablo Camaselle (Isacco und Antonio) und Stefan Hagendorn (Giorgio und Amtsrichter) sowie als Gazza (Elster) die Schauspielerin Kornelia Gocalek.


Nach zehn Tagen in Bad Wildbad freue ich mich nun auf das nächstjährige Festival. Ein Ereignis habe ich dieses Jahr verpasst, aber dank der Liveübertragung von Deutschlandradio Kultur immerhin im Radio hören können: die konzertante Aufführung von „La sposa di Messina“ von Nicola Vaccaj (nach Schillers „Braut von Messina“) am 18. Juli mit einer herausragenden Jessica Pratt.

Fotos: D. Kalinka (Rossini-Denkmal) und "Rossini in Wildbad" (Szenenfotos)

6. November 2008

Neu auf CD und DVD (Teil 1)


CD Joyce DiDonato
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Händel-Arien aus Xerxes, Teseo, Giulio Cesare, Admeto, Hercules, Imeneo, Ariodante und Amadigi
Ausführliches Video zur CD „Furore“ bei
http://www.youtube.com/watch?v=T_KAnTzIRNE
CD Robert Crowe
Growe-CD

Der Amerikaner Robert Crowe gehört zu den ganz wenigen "Male Sopranos", die an die Aufführungspraxis des Barock anknüpfen, als es Frauen gänzlich untersagt war, in Kirchenräumen singend ihre Stimme zu erheben…..

http://www.br-online.de/bayern4klassik/cd-tipps/klassik-cd-carissimi-motetten-robert-crowe-ID1208268327709.xml
s. auch http://www.robertcrowe.com/

Gluck - Orphée et Euridice - Radio Canada 1961
Gluck - Orphée et Euridice - Radio Canada 1961
Mayr - David in spelunca Engaddi
Mayr - David in spelunca Engaddi
Pacini - Alessandro nell'Indie
Pacini - Alessandro nell'Indie
Florez CD
Arien & Duette von Bellini, Donizetti, Rossini
Juan Diego Florez, Anna Netrebko, Mariusz Kwiecien, Patricia Ciofi
Comunitat Valenciana Orchestra, Daniel Oren


kermes

Der Mozart-Zeitgenosse Joseph Martin Kraus wird längst nicht mehr als »Kleinmeister« gehandelt. Dass seine faszinierenden Solodramen en miniature aber bislang kaum beachtet wurden, dürfte seinen Grund in den halsbrecherischen Schwierigkeiten haben, mit denen Kraus diese Werke nur so gespickt hat. Er komponierte sie nämlich in seiner Eigenschaft als schwedischer Hofkomponist für die dortige Primadonna Fru Augusti, deren Stärke atemberaubende Koloraturen in Schwindel erregender Höhe waren. Simone Kermes steht ihrer berühmten Vorgängerin dabei in nichts nach. Ihre Virtuosität und Musikalität machen aus diesen vergessenen Kantaten musikalische Juwelen. (Textübernahme von jpc)

Turco Pesaro

CD: Rossini "Il turco in Italia"
(Pesaro 2007)

tell




italiana

DVD: Rossini
"L'italiana in Algeri"
(Aix-en-Provence 2006)

opera fanatic


DVD: OPERA FANATIC - A film by Jan Schmidt-Garre Featuring: Anita Cerquetti, Iris Adami Corradetti, Leyla Gencer, Fedora Barbieri, Marcella Pobbe, Giulietta Simionato, Magda Olivero, Carla Gavazzi, Gina Cigna, Gigliola Frazzoni, - Stefan Zucker

"We are living in an era of Barbie doll opera singers who look good and move well but lack expressiveness. What we need are singers with hair under their arms." (Stefan Zucker)


Bianca e Fernando

CD: Bellini "Bianca e Fernando"
Live-Mitschnitt vom Bellini-Festival
Catania 1991 - mit Gregory Kunde



inganno

CD: Rossini "L'inganno felice"
(Bad Wildbad 1. Juli 2005)




donna

CD: Rossini "La donna del lago"
(Bad Wildbad, November 2006)


gazza

DVD: Rossini "La gazza ladra"
(Pesaro 2007)




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"La Cenerentola" von den
Salzburger Festspielen 1988

Nicht neu, aber eine schöne Erinnerung an die
"Cenerentola" in Bremen in der Inszenierung von Michael Hampe





camb Cambiale CD

DVD / CD: Rossini
"La cambiale di matrimonio"
(
Pesaro 2006)

cencic_rossini

CD: Max Emanuel Cencic singt Rossini-Arien
Mehr zur CD im Forum Opéra

Angriff der Unkastrierten
Von Kai Luehrs-Kaiser
Die Stimme des Countertenors Max Emanuel Cencic wird selbst von Stimmkennern für die einer Frau gehalten. Auf seinem neuen Solo-Album mit Rossini-Arien versucht er, Männerrollen zurückzuerobern, die sonst wirklich mit Damen besetzt werden…
... mehr unter www.spiegel.de/kultur

Hier ein Videolink zu Youtube:
Max Emanuel Cencic singt die Arie des Arsace aus “Semiramide”



Rossini_Pietra_v5089

DVD: Rossini, La pietra del paragone (Paris 2007)
mehr in MusicWeb INTERNATIONAL





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Madrid 2007:
Dirigiert von Alberto Zedda -
Inszenierung von Pizzi aus Pesaro

Sämtliche CD/DVD-Tipps sind unter der Rubrik CD/DVD zu finden

Ein umfassendes Angebot an Opern auf CD und DVD - auch mit Hörproben - gibt es bei http://www.jpc.de/