22. November 2009

Protest!!! - Ist "Rossini in Wildbad" in Gefahr?

Dem Kunstbeirat des Landes Baden-Württemberg ist das Festival „Rossini in Wildbad“ keine Erwähnung wert!

Die jetzt veröffentlichten „Empfehlungen des Kunstbeirats der Landesregierung Baden-Württemberg“ befassen sich u. a. mit der Festivallandschaft des Landes. Zu den Aufgaben des Kunstbeirats gehören insbesondere
- Bewertung der bestehenden Kunst- und Kulturförderung
- Beratung der Landesregierung bei der Gestaltung der Kunst-
und Kulturförderung bei einer Fortschreibung des Etats auf gleicher Höhe
- Unterstützung beim Finden von Spielräumen für neue Förderungen

Für die Festivalförderung wird eine Konzentration auf vier „Leuchttürme“ empfohlen. Da das Festival „Rossini in Wildbad“ (RiW) mit keinem Wort erwähnt wird, muss man sich fragen, ob dem Kunstbeirat entgangen ist,

- dass RiW seit nunmehr 20 Jahren Pionierarbeit bei der Wiederentdeckung zu Unrecht vergessener Opern von Rossini und anderer Komponisten der Belcanto-Zeit leistet,
- dass für diese Arbeit namhafte Sängerinnen und Sänger und Dirigenten - neben Alberto Zedda auch Alessandro De Marchi, Richard Bonynge und Antonino Fogliani - nach Bad Wildbad kamen und kommen und dass hier auch einige inzwischen internationale Karrieren ihren Anfang genommen haben (siehe hierzu den Beitrag Junge Karrieren - Karrierestart in Bad Wildbad und Pesaro)
- dass diese Arbeit international anerkannt und von der Peter Moores Foundation (London) unterstützt wird,
- dass von zahlreichen Produktionen des Festivals insbes. bei Bongiovanni und Naxos Mitschnitte auf CD erschienen sind (siehe hierzu die Aufstellung im Beitrag "Rossini in Wildbad" 2008 - Das Jubiläum) ,
- dass Deutschlandradio Kultur Jahr für Jahr eine Produktion live aus Bad Wildbad überträgt und der SWR Aufzeichnungen sendet.

Hier Auszüge aus den Empfehlungen:

Die Empfehlungen im Überblick
Die Ludwigsburger Schlossfestspiele und das Festspielhaus Baden-Baden, das Freiburger Barockorchester und das Balthasar-Neumann-Ensemble, die international renommierte Württembergische Staatsoper in Stuttgart, die Filmakademie Ludwigsburg, die Popakademie Mannheim, die 2008 eröffnete Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg und die erfolgreiche Arbeit einer einmaligen Institution wie das Zentrum für Kunst- und Medientechnologie in Karlsruhe sind Zeugnisse einer innovativen Kunstpolitik und tragen zur kulturellen Ausstrahlung Baden-Württembergs in der nationalen und internationalen Kulturszene bei. (Seite 10)

…..Eine ähnliche Konzentration empfiehlt der Landeskunstbeirat für die Festivallandschaft.
Nach Auffassung des Landeskunstbeirats soll die Vielzahl der Festivals im Lande nach zehn Jahren – 1998 wurden Empfehlungen zur künftigen Struktur der Theater- und Musikfestspiele veröffentlicht – einer erneuten Überprüfung unterzogen werden. Wenn das Land mitfinanziert, muss überprüft werden, ob die Festivals folgende Bedingungen erfüllen:
- Erarbeitung von Eigenproduktionen
- künstlerische Relevanz
- finanzielle Beteiligung der Kommunen oder vergleichbarer Träger an einer Mindestzahl von Veranstaltungen
- eine für auswärtige Besucher erkennbare Attraktivität
- überregionale und nationale, im besten Fall internationale Ausstrahlung
- angemessener Anteil der Eigenfinanzierung
Zeitlich notwendigerweise befristete Festivalereignisse in kulturell unterversorgten Regionen können nachhaltige Eigeninitiative und regionale Kulturstrukturpolitik nicht ersetzen. Sie dürfen nicht Ersatz, sondern sie können nur Ergänzung einer kontinuierlichen regionalen Kunst- und Kulturpolitik sein. (Seite 15)

8. Musik- und Theater-Festivallandschaft in Baden-Württemberg
Das Land Baden-Württemberg zeichnet sich durch eine vielfältige Festivallandschaft in den Sparten Musik und Theater aus. Die Festivals werden weitgehend durch eine gemeinsame Förderung von Kommunen, Gebietskörperschaften und dem Land finanziert. Im März 1998 hat die Kulturstrukturkommission Baden-Württemberg „Empfehlungen zur künftigen Struktur der Theater- und Musikfestspiele in Baden-Württemberg“ veröffentlicht. Der Kunstbeirat empfiehlt für das Jahr 2008 eine Überprüfung der damaligen Empfehlungen und ihrer Umsetzung. Dabei soll systematisch ermittelt werden, ob die von der Kulturstrukturkommission vorgegebenen Kriterien eingehalten wurden und ob die vom Land mitfinanzierten Festivals den damals formulierten Ansprüchen weiterhin gerecht werden.
Der Kunstbeirat hält die 1998 erarbeiteten Kriterien weiterhin für relevant. Die Förderung des Landes hat sich demnach an der Erarbeitung von Eigenproduktionen durch die jeweiligen Festivals, an der finanziellen Beteiligung der Kommunen, an einer Mindestzahl von Veranstaltungen, an einer auch für auswärtige Besucher erkennbaren Attraktivität, an ihrer überregionalen und nationalen, im besten Fall internationalen Ausstrahlung und an der inhaltlichen Schwerpunktsetzung zu orientieren. Angesichts der Entwicklung ist zu überprüfen, ob die Bedeutung von Festivals für eine kulturell unterversorgte Region eine Landesfinanzierung rechtfertigt. Zeitlich notwendigerweise befristete Festival-Ereignisse können eine nachhaltige Eigeninitiative herausfordernde Kulturstrukturpolitik nicht ersetzen. Für die Bestandsaufnahme und Evaluation empfiehlt der Kunstbeirat die zeitlich befristete Einsetzung einer Expertengruppe, die die aktuelle künstlerische Wertigkeit der jeweiligen Festivals und deren kulturelle Alleinstellungsmerkmale einerseits im Land andererseits national überprüft. Für die Förderung durch das Land sind darüber hinaus die öffentliche Resonanz der Veranstaltungen und der Anteil der Eigenfinanzierung beachtenswert. Hier können aus einem Benchmarking der Festivals Richtwerte erarbeitet werden. Ausschlaggebend ist in jedem Fall die künstlerische Relevanz der Festivals.
Als Leuchttürme der baden-württembergischen Festivallandschaft betrachtet der Kunstbeirat – ohne einer Beurteilung durch die Expertengruppe vorgreifen zu wollen – die Musik der Jahrhunderte (Stuttgart), die Donaueschinger Musiktage, die Schwetzinger Festspiele und die Ludwigsburger Schlossfestspiele. Diese Festivals stellen mit ihrer überregionalen künstlerischen Ausstrahlung zugleich einen hohen Identifikationswert für die jeweiligen Regionen dar. Neben Stiftungen, Kommunen, Gebietskörperschaften und der Landesregierung hat die Landesrundfunkanstalt SWR - ergänzt durch das nationale Deutschlandradio und das ZDF - als öffentlich-rechtlicher Rundfunkanbieter den Auftrag zu einer nachhaltigen Kulturförderung, die sich im Bereich der Musikfestivals direkt mit dem programmlichen Bedarf an hochwertigen Musikproduktionen verbindet. Die Klangkörper des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind
in die Programmgestaltung der Festivals einzubeziehen. Ihre Existenz darf aus übergeordneten regional- und kulturpolitischen Erwägungen im Rahmen der Gebührenfinanzierung nicht in Frage gestellt werden. Der Kunstbeirat empfiehlt, Vertreter der Rundfunkanstalten in die Expertenkommission zu berufen und die Rundfunk- und Fernsehanstalten in die langfristige Festivalstrategie des Landes einzubeziehen. ( Seiten 42 und 43)

Empfehlungen des Kunstbeirats der Landesregierung Baden-Württemberg

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