"Robert le diable" in Erfurt - "L’Africaine" in Würzburg
Meyerbeer Lives! prangt auf dem T-Shirt für Mitglieder des “Meyerbeer Fan Club“, dessen Website trotz vieler weiterhin verfügbarer Beiträge und Informationen leider nicht mehr aktiv ist. Und in der Tat: Wann hatte man schon Gelegenheit, innerhalb eines knappen halben Jahres drei seiner Grand Opéras in hiesigen Regionen zu erleben, noch dazu in bemerkenswerten Inszenierungen und musikalisch guten bis herausragenden Interpretationen?!
Warum Meyerbeer, der mit seinen spektakulären Musikdramen von Robert le diable bis L’Africaine Europas Musiktheater im zweiten Drittel des Ottocento dominierte, zwar nie vergessen, aber einfach nicht mehr gespielt worden ist, hat mehrere Gründe. Sie sind auch im Rahmen musikhistorischer Abhandlungen ausführlich dargelegt worden und müssen an dieser Stelle nicht wiederholt werden.
Nachdem La Monnaie in Brüssel, das frisch gekürte “Opernhaus des Jahres“, mit Les Huguenots, der “Operninszenierung des Jahres“(!), in diesem Sommer für Furore sorgte, eröffneten nun zwei Theater aus der sogenannten “Provinz“ ihre Spielzeit mit zweien seiner Meisterwerke: Erfurt mit Robert le diable und Würzburg mit L’Africaine. Es war ein glücklicher Zufall, dass wir beide an einem Wochenende sehen und hören konnten, und es ist sicher naheliegend, ja unvermeidlich, dass diese Konstellation (auch unbewusst ) zu Vergleichen herausforderte.
"Robert le diable" im Theater Erfurt
Bildschirmfoto vom Film, Quelle: Theater Erfurt Der Videofilm ist auf Vimeo in bester Qualität zu sehen |
Jean-Louis Grinda, langjähriger Chef der Opéra Royal de Wallonie in Lüttich und seit 2007 Intendant der koproduzierenden Opéra de Monte Carlo, lässt Robert le diable in einem Hospital für Geisteskranke im 19. Jahrhundert spielen, das von Bertram geleitet wird. Dieses Konzept wurde zwar bis zum Schlussbild durchgehalten, hat sich mir aber nicht in allen Details und Konsequenzen erschlossen. Eine gute Lösung fand Grinda für das in den Handlungsverlauf stringent integrierte berühmte Nonnenballett, in dem drei Tänzerinnen aus ihren Katakombengräbern stiegen und Robert umgarnten. Ebenso sind das Bühnenbild von Hank Irwin Kittel (3. Akt !) und die Personenführung (auch der Chormitglieder!) Pluspunkte dieser Inszenierung, aber was dem Abend seine Geschlossenheit und bleibende Wirkung verlieh, war die musikalische Gestaltung, an der es kaum etwas auszusetzen gab.
An erster Stelle möchte ich den amerikanischen Tenor Erik Fenton nennen, der trotz relativ kurzer Einarbeitungszeit die Titelfigur, einen typischen Meyerbeer-Helden, auch in den Extremhöhen bravourös sang und spielte. Ihm durchaus ebenbürtige Leistungen boten die beiden Sopranistinnen Claudia Sorokina als die umworbene Isabelle und Ilia Papandreou als Alice, die Verkörperung des Guten. Der armenische Bass Vazgen Ghazaryan brillierte stimmlich auch im tiefsten Register, blieb aber als teuflischer Gegenpol mit väterlichen Gefühlen etwas blass und wirkte zu wenig dämonisch. Auch Richard Carlucci glänzte mit schön timbriertem Tenor in der dankbaren Rolle des Raimbaut.
Die Sänger und Sängerinnen des Opernchores , denen man ihre Freude über die individuellen Entfaltungsmöglichkeiten anmerkte, überzeugten ebenso wie das Philharmonische Orchester Erfurt, mit dem Samuel Bächli einen Klangteppich ausbreitete, der Meyerbeers Herkunft aus dem Musikdrama des 18. Jahrhunderts verriet, gelegentlich aber etwas mehr Drive vertragen hätte. Dass es dieses frühe Meisterwerk (1831) nicht strichlos geben würde, hatten Grinda (Interview im Opernglas) und der verantwortliche Dramaturg Berthold Warnecke schon im Vorhinein angekündigt, und ich denke, dass trotz der nicht gehörten Musik (so fehlte verständlicherweise die nachkomponierte “Mario-Arie“ des Titelhelden) die präsentierte Fassung schlüssig war und dem Handlungsablauf gerecht wurde. Und immerhin hörten wir wohl zum ersten Male das Finale II nach der neuen kritischen Ricordi-Ausgabe!
An erster Stelle möchte ich den amerikanischen Tenor Erik Fenton nennen, der trotz relativ kurzer Einarbeitungszeit die Titelfigur, einen typischen Meyerbeer-Helden, auch in den Extremhöhen bravourös sang und spielte. Ihm durchaus ebenbürtige Leistungen boten die beiden Sopranistinnen Claudia Sorokina als die umworbene Isabelle und Ilia Papandreou als Alice, die Verkörperung des Guten. Der armenische Bass Vazgen Ghazaryan brillierte stimmlich auch im tiefsten Register, blieb aber als teuflischer Gegenpol mit väterlichen Gefühlen etwas blass und wirkte zu wenig dämonisch. Auch Richard Carlucci glänzte mit schön timbriertem Tenor in der dankbaren Rolle des Raimbaut.
Die Sänger und Sängerinnen des Opernchores , denen man ihre Freude über die individuellen Entfaltungsmöglichkeiten anmerkte, überzeugten ebenso wie das Philharmonische Orchester Erfurt, mit dem Samuel Bächli einen Klangteppich ausbreitete, der Meyerbeers Herkunft aus dem Musikdrama des 18. Jahrhunderts verriet, gelegentlich aber etwas mehr Drive vertragen hätte. Dass es dieses frühe Meisterwerk (1831) nicht strichlos geben würde, hatten Grinda (Interview im Opernglas) und der verantwortliche Dramaturg Berthold Warnecke schon im Vorhinein angekündigt, und ich denke, dass trotz der nicht gehörten Musik (so fehlte verständlicherweise die nachkomponierte “Mario-Arie“ des Titelhelden) die präsentierte Fassung schlüssig war und dem Handlungsablauf gerecht wurde. Und immerhin hörten wir wohl zum ersten Male das Finale II nach der neuen kritischen Ricordi-Ausgabe!
"L’Africaine" im Mainfranken-Theater Würzburg
Knapp vier Stunden dauerte tags darauf die vom Mainfranken-Theater in Würzburg erarbeitete Fassung der letzten und nicht ganz vollendeten Meyerbeer-Oper L’Africaine (1865), und es sei vorweg festgestellt: Es wurde hervorragend gesungen und musiziert! Enrico Calesso, neuer GMD in Würzburg, gestaltete fesselnd mit seinem Philharmonischen Orchester spannungsreiche Sequenzen, evozierte gefühlvoll Stimmungen und ließ die Stimmen wunderbar zur Entfaltung kommen (Arien der Sélika und der Inès).
Quelle: Mainfranken Theater Würzburg |
Von dem nicht nur zahlenmäßig beeindruckenden Chor (Einstudierung Markus Popp) in den entsprechenden Szenen wirkungsvoll unterstützt, lieferten insbesondere Karen Leiber als betörende Titelheldin Sélika und als ihr bis in den Tod treu ergebener Sklave Nélusko Adam Kim grandiose Rollenporträts. Kaum weniger überzeugend Paul McNamara in der Rolle des Vasco de Gama, der in seinem Streben nach Ruhm und Unsterblichkeit alle privaten Bindungen hintanstellt (erneut ein typisch Meyerbeerscher “Held“! ) sowie Nathalie de Montmollin als bis zur Selbstaufgabe liebende Inès. Paolo Ruggiero in einer Doppelrolle als Don Diégo und als Oberpriester des Brahma sowie Johan F. Kirsten als unsympathischer Ratspräsident Don Pédro ergänzten ein wunderbar zusammengestelltes und lebendig agierendes Ensemble.
Regisseur Gregor Horres (in Zusammenarbeit mit Bühnenbildner Jan Bammes) wollte wohl einerseits eng am Libretto bleibend die drei Schauplätze der Oper - der portugiesische Hof, ein Schiff kurz vor dem Kap der Guten Hoffnung und eine Insel im Indischen Ozean - auf die Bühne bringen, andererseits aber das auch dem Komponisten vertraute Thema “Kolonisation“ in ihrer modernen Version dem Publikum nahebringen. So besang Vasco in seinem Glanzstück zu Beginn des 4. Aktes die paradiesische Schönheit der neu entdeckten Gegend, die jedoch von einer Erdöl-Bohranlage beherrscht wird.
Quelle: Mainfranken Theater Würzburg |
In Erinnerung bleiben wird wohl eher die ungemein packende “Parlamentsdebatte“ mit Bischöfen und Großinquisitor im 1. Akt oder die auch von der Personenführung anrührende Finalszene unter den Zweigen des Manzanillobaumes.
Resümee: Es kann nicht hoch genug gelobt werden, dass zwei mittlere Opernhäuser wieder einmal Meyerbeer, diesen deutschen Komponisten, der nach Lern- und Wanderjahren in Italien in Frankreich seine musikalische Heimat fand, in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gehoben haben. Aufgrund der musikalischen Glanzpunkte sind beide Produktionen nicht nur Meyerbeer-Fans unbedingt zu empfehlen, gerade auch wegen der unterschiedlichen Regieansätze.
Es bleibt zu hoffen, dass wir nicht bis zum Meyerbeer-Gedenkjahr 2014 warten müssen, um Robert le diable, Les Huguenots, Le prophète, Dinorah oder L’Africaine wieder einmal erleben zu können.
(Ein Videofilm zu Oper ist zurzeit auf der Startseite des Mainfrankentheaters abrufbar oder direkt auf Youtube im Kanal MFT Wuerzburg)
(Ein Videofilm zu Oper ist zurzeit auf der Startseite des Mainfrankentheaters abrufbar oder direkt auf Youtube im Kanal MFT Wuerzburg)
Walter Wiertz (Besuchte Aufführungen am 01.10 und 02.10.2011)
Im Theater Erfurt gibt es nur noch drei Aufführungstermine: 14.10.11/ 08.01.12/ 22.01.12.
Würzburg hingegen bietet “seinen“ Meyerbeer noch ein Dutzend Mal in diesem Jahr: 16./19./22./28.10. u. 04./06./22./26.11. sowie 04./07./11./16./22.12.
Würzburg hingegen bietet “seinen“ Meyerbeer noch ein Dutzend Mal in diesem Jahr: 16./19./22./28.10. u. 04./06./22./26.11. sowie 04./07./11./16./22.12.
Ja, beide Opern waren bemerkenswerte Aufführungen, die uns sehr gefallen haben. Bei „L'Africaine“ in Würzburg beeindruckte uns besonders, dass ein kleineres Theater so etwas auf die Beine gestellt hat. Dem Bühnenbild merkte man das knappe Budget des Hauses an. Es war etwas karg und nüchtern und wurde gebildet aus Wandelementen aus Stahl, die unterschiedlich gruppiert werden konnten. Bei dieser Oper hätte doch etwas Opulenteres auf der Bühne stehen sollen als nur Ölfässer, die einen Hinweis auf die Ausbeutung der Menschen in der Kolonialzeit darstellen sollten, aber völlig deplatziert wirkten. Als diese Fässer dann aber später angezündet wurden, erzeugten die hohen, lodernden Flammen durchaus stimmungsvolle Atmosphäre. Musikalisch war die Aufführung sehr gut. Der neue GMD Enrico Calesso legte sich sehr ins Zeug und lieferte eine beachtliche Leistung ab. In der von uns besuchten Vorstellung am 28.10.11 war die Sängerin der Inès, Nathalie de Montmollin, erkrankt und war nur darstellerisch auf der Bühne tätig, während die seitlich am Notenpult stehende Leah Gordon für sie gesanglich hervorragend eingesprungen ist. Leah Gordon hatte vor Jahren in Gelsenkirchen bereits die Rolle der Inès interpretiert. „Robert le diable“ in Erfurt war leider sehr stark gekürzt. Von der Ouvertüre wurde nur ein Viertel gespielt, was sehr schade war, denn das ist unserer Meinung nach mit die beste Musik von Meyerbeer. Aber auch hier gilt: Sehr gute Aufführung, gesanglich prima, da kann man nur den Hut vor ziehen.
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