17. August 2010

TV-Kritik: Rossini reloaded - weitgehend ein Ärgernis



Haben Sie auch am Sonnabend bei 3sat den Film „Gioacchino Rossini – Der Schwan von Pesaro“ mit dem seltsamen Untertitel „Rossini reloaded“ gesehen? Die Vorfreude war groß gewesen, hieß es doch in der Vorankündigung: „In dem Porträt erkundet Filmautor Theo Roos gemeinsam mit Juan Diego Flórez die legendäre Epoche des Belcanto und das komplexe Wesen eines Komponisten, der als musikalischer Spaßmacher galt und dem die Großen seiner Zeit Respekt zollten“. Die Enttäuschung war dann umso größer.

"Rossini reloaded" - was soll das? Rossini neu entdecken? So aber bitte nicht! Der Versuch, Rossinis Musik unter Abspielen von Teilen bekannter schmissiger Ouvertüren in schnellbewegte Bilder unserer Zeit umzusetzen, war einfach nur nervig, - Hektik pur, der ich mich bald entzog und die Augen schloss, solange nicht einer der von Rossinis Musik ansteckend begeisterten und sachkundigen Interpreten zu Worte kam oder der Schnipsel einer Opernszene gezeigt wurde.



Alberto Zedda, Joyce DiDonato, Juan Diego Flórez, Daniela Barcellona u. a. vermittelten lebhaft ihre Freude an der Musik Rossinis, ihnen zuzuhören war ein Vergnügen, unerfreulich war z. B. „Di tanti palpiti“ als Hintergrundmusik zu einem gesprochenen Zitat (Stendhal, Heine, Schopenhauer, Richard Wagner u. a. wurden von Schauspielern reichlich unglaubhaft "verkörpert").

Schade um die vertane Chance, Rossini auch über seinen "Barbiere di Sevilla" und "La Cenerentola" hinaus wieder ins Bewusstsein des operninteressierten Publikums zu rücken! Bei einer derart sprunghaften und teils hektischen Machart bleibt nicht viel in Erinnerung.

Der Film ist zur Zeit in der  Mediathek von 3sat zu sehen. Im September wird er an mehreren Sendeterminen beim ZDFtheaterkanal gezeigt.

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Im Anschluss an diesen Film gab es in einer Aufzeichnung aus Barcelona „La Cenerentola“ mit dem Rossini-Traumpaar DiDonato und Flórez. Am kommenden Sonnabend wird „La pietra del paragone“ in einer eigenwilligen, aber m. E. äußerst unterhaltsamen (und durchweg gut gesungenen) Inszenierung aus Paris gezeigt.

3sat sei Dank für diese außergewöhnliche Rossini-Fülle! Dass diese beiden Opern aber unter „Festspielsommer“ gezeigt werden, ist allerdings doch etwas irritierend, geht es bei dieser Sendereihe nach der Ankündigung von 3sat doch um: "Renommierte Festivals – internationale Stars. Zu sehen sind Aufführungen aus ... aus Schwetzingen und vielen anderen Festspielorten mehr. Konzerte, Opern und Tanz, live oder in aktuellen Aufzeichnungen.“ Da hatte ich doch tatsächlich – jedenfalls solange die Besetzungen noch nicht auf der Internetseite von 3sat standen - auf (ggf. auch ältere) Aufzeichnungen der RAI vom Rossini Opera Festival in Pesaro gehofft. Festivals in Paris oder Barcelona sind mir jedenfalls nicht bekannt, vielmehr handelt es sich um Aufzeichnungen „normaler“ Produktionen, die auch bereits auf DVD im Handel sind. Warum also diese völlig überflüssige Falschdeklaration? Programmfüller aus Mangel an (finanzierbaren) Übertragungen von anderen diesjährigen Festivals? Wie auch immer – genießen wir das seltene TV-Vergnügen mit Opern unseres geliebten Rossini! Am kommenden Sonnabend also "La pietra del paragone" in einer Inszenierung, die auf dem Bildschirm vielleicht sogar besser zur Geltung kommt als im Theater, - ein neuer Zug der Zeit?


Fotos: Bildschirmfotos 3sat / YouTube

1 Kommentar:

  1. Von der einfältigen optischen Umsetzung war ich auch enttäuscht, weniger wäre mehr gewesen. Aber so gab es im Überfluss und hektisch geschnitten: Feuerwerksraketen, Eiffelturm beleuchtet, ziehende Wölkchen, immer wieder Eisenbahnschienen und unscharfe Rossiniportraits in Schwarz-Weiß auf einer Art Laterna Magica. Unvermittelt eingeblendet Interviews und dann ging es wie zuvor weiter. Jeder innere Bezug der Filmschaffenden zum Gegenstand schien zu fehlen. Bewegend immerhin die Begegnung mit dem Pianisten Stefan Irmer und Rossinis musikalischer "dernier voyage".

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