Rainer Rupp, Präsident der Internationalen Mayr-Gesellschaft, berichtete am 3.3.08
engagiert im Braunschweiger Theater über Leben und Werk Simon Mayrs, des Vaters der italienischen Oper, und stimmte die Zuhörer auf die Premiere der Fedra ein. 57 Mitglieder der Simon Mayr-Gesellschaft werden zur Premiere aus Ingolstadt anreisen. Die Radioübertragung wird vermutlich am 10.April stattfinden.
engagiert im Braunschweiger Theater über Leben und Werk Simon Mayrs, des Vaters der italienischen Oper, und stimmte die Zuhörer auf die Premiere der Fedra ein. 57 Mitglieder der Simon Mayr-Gesellschaft werden zur Premiere aus Ingolstadt anreisen. Die Radioübertragung wird vermutlich am 10.April stattfinden.
Die Braunschweiger Zeitung vom 5.3.08 schrieb:
Der vergessene Papa Mayr
Deutsche Erstaufführung der "Fedra" in Braunschweig nach 188 Jahren
Von Andreas Berger
Dass Rossini, Bellini und Donizetti einen Deutschen als "Vater der italienischen Oper" anerkannten, mag verblüffen. Johann Simon Mayr, 1763 bei Ingolstadt geboren, gehörte seinerzeit zu den erfolgreichsten Opernkomponisten. Regelmäßig wurden seine Werke an der Mailänder Scala aufgeführt, so 1820 seine "Fedra", die am 30. März im Staatstheater Braunschweig ihre späte deutsche Erstaufführung erlebt.
Die Grabrede für den 82-Jährigen hielt kein Geringerer als Giuseppe Verdi. Die Stadt Bergamo ließ den Leichnam ihres Wahlbürgers später an der Seite seines Schülers Donizetti in der Hauptkirche begraben. Doch Mayrs Nachruhm war kurz. Kein Werk überdauerte im Repertoire, nur selten wird eines seiner 600 Sakralstücke oder eine seiner 60 Opern noch aufgeführt. Es scheint, als sei Mayr aus der Musikgeschichte gefallen.
"Te Deum" für Napoleon
Wacker arbeitet die Simon-Mayr-Gesellschaft gegen dieses Vergessen an. Ihr Vorsitzender Rainer Rupp rührte jetzt auch in Braunschweig die Werbetrommel. Durch seinen Orgellehrer war er schon als Kind auf Mayr aufmerksam gemacht worden. Und schon galt es, eine Aufführung zum 200. Geburtstag in Ingolstadt zu organisieren. In München gab es immerhin eine konzertante "Medea". "Und in Bergamo ist Mayr noch sehr präsent", erzählt Rupp.
Er kann die wesentlichen Stationen von Mayrs Leben einfach so aufzählen. "Gelernt hat er bei seinem Vater, einem Dorf-Organisten. Doch statt die Freistelle in Wien zu nutzen, musste er zu den Jesuiten nach Ingolstadt. Gönner war ihm Baron de Bassus, ein bekannter Anhänger der aufklärerischen Sekte der Illuminaten. Als die verboten wurde, flohen beide nach Bergamo." Unterbrochen von wenigen Jahren in Venedig, bleibt Mayr dort ein Leben lang, nennt sich fortan Giovanni Simone und wird Kapellmeister der Hauptkirche.
"Dabei hätte er Direktor der Pariser Oper werden können", sagt Rupp. Napoleon hatte Mayrs zu seiner Krönung komponiertes "Te Deum" so gut gefallen, dass er ihm den Posten anbot. Doch der gemütliche Mann blieb lieber in Bergamo. Und dann kam Donizetti, ein armer kränklicher Knabe, der eigentlich nicht gut genug singen konnte für Mayrs Collegium, aber durch Gehörbildung auffiel. So wurde er denn sein Schüler, hielt seinem väterlichen Freund stets ehrendes Angedenken. Trotzdem: Mayr starb 1845 blind und verarmt. 1847 wurde zum letzten Mal eine Oper von ihm aufgeführt - in New York.
Wieso wurde Mayr so schnell vergessen? "In Italien stand er als Napoleon-Freund politisch auf der falschen Seite. Angesagt war die nationalromantische Strömung Verdis, die sich für die Befreiung Italiens einsetzte. Und für die Anhänger der neuen deutschen Musik etwa Wagners galt er als welscher Tüftler", erklärt Rupp.
Auch die Besetzung ist nicht einfach. "Für die Fedra braucht es eigentlich eine satte Mezzostimme, aber mit großer Höhengeläufigkeit", sagt Braunschweigs Operndirektor Jens Neundorf. Eine Tosca-Sängerin wird hier die Partie übernehmen. Neundorf hat motivische Parellelen zu Mozarts "Don Giovanni" entdeckt. Die Verspieltheit der Stimmführung und der Orchesterbegleitung lassen freilich vor allem an Rossini und Donizetti denken.
"Fedra" in Verdis Nachlass
Im Zuge der Belcanto-Renaissance der 80er gab es wenige konzertante Wiederbelebungen. Die Mayr-Gesellschaft bemüht sich um Neu-Editionen der Werke, die oft nur in alten Abschriften erhalten sind. "Eine ,Fedra?-Kopie fand sich übrigens in Verdis Nachlass", erzählt Rupp. Braunschweig sollte also einen guten Griff getan haben.
Premiere am 30. März im Großen Haus. Karten: (0531) 1 23 45 67.
Braunschweiger Zeitung, 5. Maerz 2008, Kultur, Seite 16, (Original-Zeitungsseite im pdf-Format)
Der vergessene Papa Mayr
Deutsche Erstaufführung der "Fedra" in Braunschweig nach 188 Jahren
Von Andreas Berger
Dass Rossini, Bellini und Donizetti einen Deutschen als "Vater der italienischen Oper" anerkannten, mag verblüffen. Johann Simon Mayr, 1763 bei Ingolstadt geboren, gehörte seinerzeit zu den erfolgreichsten Opernkomponisten. Regelmäßig wurden seine Werke an der Mailänder Scala aufgeführt, so 1820 seine "Fedra", die am 30. März im Staatstheater Braunschweig ihre späte deutsche Erstaufführung erlebt.
Die Grabrede für den 82-Jährigen hielt kein Geringerer als Giuseppe Verdi. Die Stadt Bergamo ließ den Leichnam ihres Wahlbürgers später an der Seite seines Schülers Donizetti in der Hauptkirche begraben. Doch Mayrs Nachruhm war kurz. Kein Werk überdauerte im Repertoire, nur selten wird eines seiner 600 Sakralstücke oder eine seiner 60 Opern noch aufgeführt. Es scheint, als sei Mayr aus der Musikgeschichte gefallen.
"Te Deum" für Napoleon
Wacker arbeitet die Simon-Mayr-Gesellschaft gegen dieses Vergessen an. Ihr Vorsitzender Rainer Rupp rührte jetzt auch in Braunschweig die Werbetrommel. Durch seinen Orgellehrer war er schon als Kind auf Mayr aufmerksam gemacht worden. Und schon galt es, eine Aufführung zum 200. Geburtstag in Ingolstadt zu organisieren. In München gab es immerhin eine konzertante "Medea". "Und in Bergamo ist Mayr noch sehr präsent", erzählt Rupp.
Er kann die wesentlichen Stationen von Mayrs Leben einfach so aufzählen. "Gelernt hat er bei seinem Vater, einem Dorf-Organisten. Doch statt die Freistelle in Wien zu nutzen, musste er zu den Jesuiten nach Ingolstadt. Gönner war ihm Baron de Bassus, ein bekannter Anhänger der aufklärerischen Sekte der Illuminaten. Als die verboten wurde, flohen beide nach Bergamo." Unterbrochen von wenigen Jahren in Venedig, bleibt Mayr dort ein Leben lang, nennt sich fortan Giovanni Simone und wird Kapellmeister der Hauptkirche.
"Dabei hätte er Direktor der Pariser Oper werden können", sagt Rupp. Napoleon hatte Mayrs zu seiner Krönung komponiertes "Te Deum" so gut gefallen, dass er ihm den Posten anbot. Doch der gemütliche Mann blieb lieber in Bergamo. Und dann kam Donizetti, ein armer kränklicher Knabe, der eigentlich nicht gut genug singen konnte für Mayrs Collegium, aber durch Gehörbildung auffiel. So wurde er denn sein Schüler, hielt seinem väterlichen Freund stets ehrendes Angedenken. Trotzdem: Mayr starb 1845 blind und verarmt. 1847 wurde zum letzten Mal eine Oper von ihm aufgeführt - in New York.
Wieso wurde Mayr so schnell vergessen? "In Italien stand er als Napoleon-Freund politisch auf der falschen Seite. Angesagt war die nationalromantische Strömung Verdis, die sich für die Befreiung Italiens einsetzte. Und für die Anhänger der neuen deutschen Musik etwa Wagners galt er als welscher Tüftler", erklärt Rupp.
Auch die Besetzung ist nicht einfach. "Für die Fedra braucht es eigentlich eine satte Mezzostimme, aber mit großer Höhengeläufigkeit", sagt Braunschweigs Operndirektor Jens Neundorf. Eine Tosca-Sängerin wird hier die Partie übernehmen. Neundorf hat motivische Parellelen zu Mozarts "Don Giovanni" entdeckt. Die Verspieltheit der Stimmführung und der Orchesterbegleitung lassen freilich vor allem an Rossini und Donizetti denken.
"Fedra" in Verdis Nachlass
Im Zuge der Belcanto-Renaissance der 80er gab es wenige konzertante Wiederbelebungen. Die Mayr-Gesellschaft bemüht sich um Neu-Editionen der Werke, die oft nur in alten Abschriften erhalten sind. "Eine ,Fedra?-Kopie fand sich übrigens in Verdis Nachlass", erzählt Rupp. Braunschweig sollte also einen guten Griff getan haben.
Premiere am 30. März im Großen Haus. Karten: (0531) 1 23 45 67.
Braunschweiger Zeitung, 5. Maerz 2008, Kultur, Seite 16, (Original-Zeitungsseite im pdf-Format)
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